27.11.2018

Punktsieg in zweiter Runde

Wendelstein 7-X zeigt Rekordergebnisse nach schrittweisem Ausbau.

Die von Juli bis November an der Fusions­anlage Wendel­stein 7-X im Max-Planck-Institut für Plasma­physik (IPP) in Greifs­wald gelaufenen Experimente brachten höhere Werte für die Dichte und den Energie­inhalt des Plasmas sowie lange Entladungs­dauern bis zu 100 Sekunden. Das sind Rekord­ergebnisse für Anlagen vom Typ Stellarator. Inzwischen hat die nächste Runde des schritt­weisen Ausbaus von Wendel­stein 7-X begonnen. Sie soll die Anlage fit machen für höhere Heiz­leistungen und noch längere Entladungen.

Abb.: Das Rekordplasma mit einem Energieinhalt von über einem Megajoule (Bild: IPP, Wigner RCP)

Im Verlauf der schrittweisen Aufrüstung von Wendelstein 7-X wurde das Plasma­gefäß seit September letzten Jahres mit einer Innen­verkleidung ausgestattet. Kacheln aus Graphit schützen seither die Gefäß­wände. Hinzu kam der Divertor, mit dem sich Rein­heit und Dichte des Plasmas regeln lassen. In zehn breiten Streifen an der Wand des Plasma­gefäßes folgen die Divertor-Kacheln der Kontur des Plasma­randes. Sie bedecken speziell die Wand­bereiche, auf die Teilchen aus dem Rand des Plasmas gezielt gelenkt werden. Nach drei Monaten des Experimentierens mit der neuen Ausrüstung begann Ende 2017 die nächste Ausbau-Runde; unter anderem wurden neue Mess­geräte und Heiz­systeme installiert.

Ab Juli 2018 wurden die Experimente wieder aufgenommen. Hatte der Divertor bereits zuvor seine gute Wirkung gezeigt, so konnten die Plasma­werte mit der aufgestockten Plasma­heizung und gereinigten Gefäß­wänden jetzt deutlich gesteigert werden. Die neu installierte Neutral­teilchen-Heizung schießt schnelle Wasser­stoff­atome in das Plasma hinein, die ihre Energie über Stöße an die Plasma­teilchen abgeben. Das Ergebnis waren hohe Plasma­dichten bis zu 2 × 1020 Teilchen pro Kubikmeter – Werte, wie sie für ein künftiges Kraft­werk ausreichen. Zugleich erreichten die Ionen und Elektronen des Wasser­stoff-Plasmas die beachtliche Temperatur von 20 Millionen Grad Celsius.

Stellarator-Rekord­werte konnte Wendelstein 7-X für die im Plasma gespeicherte Energie erzielen: Mit starker Mikro­wellen-Heizung über­stieg der Energie­inhalt des Plasmas erst­malig ein Mega­joule, ohne dass die Gefäß­wand zu heiß wurde. Bei guten Plasma­kenngrößen gelangen zudem lang­lebige Plasmen von 100 Sekunden Dauer – ebenfalls einer der bislang besten Stellarator-Werte.

Diese erfreulichen Resultate brachten dem Projekt große Aufmerksamkeit auf den dies­jährigen inter­nationalen Konferenzen. Auch Bundes­forschungs­ministerin Anja Karliczek ließ es sich nicht nehmen, die Ergebnisse zu kommentieren: „Glück­wunsch an das Team des Wendelstein 7-X zu dem neuen Welt­rekord. Der Weg ist richtig – so konnten wichtige Erkenntnisse für den künftigen Einsatz von Fusions­kraft­werken gewonnen werden. Fusions­energie könnte neben den erneuer­baren Energien die Energie­quelle der Zukunft sein. Die Forscher in Greifs­wald haben mit ihrer Arbeit dazu einen wichtigen Schritt getan. Ich wünsche dem Team viel Erfolg auch bei seinen weiteren Arbeiten.“

Mitte Oktober liefen die letzten Experimente; inzwischen hat die nächste Ausbau­runde an Wendel­stein 7-X begonnen. Um die Heiz­energie weiter steigern zu können, ohne die Gefäß­wand zu über­lasten, werden in den kommenden zwei Jahren die jetzigen Graphit­platten des Divertors durch wasser­gekühlte Elemente aus kohlen­stoff­faser­verstärktem Kohlen­stoff ersetzt. So ausgerüstet, wird man sich schritt­weise an dreißig Minuten andauernde Plasmen heran­arbeiten. Dann lässt sich über­prüfen, ob Wendelstein 7-X seine Optimierungs­ziele auch im Dauerbetrieb – dem wesentlichen Plus der Stellaratoren – erfüllen kann.

IPP / DE

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