11.05.2020

Prototyp eines Quantenradars

Verschränkte Mikrowellenphotonen überflügeln klassische Radarsysteme.

Miteinander verschränkte Teilchen bleiben miteinander verbunden und teilen physikalische Eigen­schaften, unabhängig davon, wie weit sie voneinander entfernt sind. Nun haben Wissenschafter der Forschungs­gruppe um Johannes Fink am Institute of Science and Technology Austria in Kloster­neuburg gemeinsam mit Stefano Pirandola vom Massa­chusetts Institute of Technology sowie David Vitali von der ita­lienischen Universität Camerino eine neuartige Detektions­technologie entwickelt: die Mikrowellen-Quanten­illumination. Der Prototyp eines solchen Quanten­radars ist in der Lage, Objekte in verrauschten thermischen Umgebungen zu erkennen, in denen klassische Radar­systeme oft versagen. Die neue Technologie, die auf der Verwendung verschränkter Mikrowellen­photonen basiert, könnte potenziell in biome­dizinischen Niedrig­energie-Bildgebungs­verfahren und Sicherheits­scannern zur Anwendung kommen.

Abb.: Illustration eines Quanten­radar-Prototyps, der auf verschränkten...
Abb.: Illustration eines Quanten­radar-Prototyps, der auf verschränkten Mikrowellen­photonen basiert. (Bild: P. Krantz, IST Austria)

Im Prinzip ist die Funktions­weise des Systems relativ einfach: Anstatt konven­tionelle Mikrowellen zu verwenden, verschränken die Forscher zwei Gruppen von Photonen, die als „Signal“ und „Idler“ bezeichnet werden. Die Signal-Photonen werden in Richtung des zu detek­tierenden Objekts ausgesandt, während die Idler-Photonen relativ isoliert, frei von Störungen und Rauschen gemessen werden. Wird das Signal zurück­reflektiert, geht die Verschränkung zwischen Signal- und Idler-Photonen zum Großteil verloren, nur einige wenige Korre­lationen bleiben bestehen. Diese erzeugen aber eine Signatur oder ein Muster bei der Rekom­bination der beiden Signale, das die Existenz oder Abwesenheit des Zielobjekts beschreibt – unabhängig vom Rauschen in der Umgebung

„Was wir gezeigt haben, ist der praktische Nachweis eines theoretischen Konzepts für Mikro­wellen-Quanten­radare“, sagt Shabir Barzanjeh, dessen bisherige Forschung dazu beigetragen hat, den theo­retischen Rahmen um quanten­basierte Radar­technologie zu entwickeln. „Mithilfe von Quanten­verschränkung, die bei einigen Tausendstel Grad über dem absoluten Nullpunkt erzeugt wurde, konnten wir Objekte mit sehr geringer Reflek­tivität bei Raum­temperatur detektieren.“ Obwohl die Verschränkung von Quanten­teilchen prinzipiell sehr instabil ist, hat das neu entwickelte Gerät gegenüber herkömmlichen Radaren einige grundlegende Vorteile. So haben klassische Radarsysteme bei sehr kleinen Signal­leistungen typischer­weise eine geringe Empfind­lichkeit, da sie Schwierig­keiten haben, die vom Objekt reflektierte Strahlung von natürlich auftretendem Hintergrund­strahlungs­rauschen zu unterscheiden. Mit der Quanten­illumination kann dieses Problem umgangen werden, da die Ähnlichkeiten zwischen den Signal- und Idler-Photonen die Unter­scheidung der Signal-Photonen vom Umgebungs­rauschen erleichtern.

„Die zentrale Aussage unserer Forschung ist, dass Quanten­radare und Mikrowellen Quanten­illumination nicht nur in der Theorie existieren, sondern auch in der Praxis möglich sind. Im Vergleich zu klassischen kohärenten Detektoren sehen wir unter denselben Bedingungen und bei sehr geringer Signal­stärke, dass die quanten­verstärkte Detektion überlegen sein kann“, sagt Barzanjeh. Die neuesten Forschungs­ergebnisse gelten zwar lediglich als praktischer Nachweis eines theo­retischen Konzepts, jedoch konnten Barzanjeh und Kollegen ;eine neue Detektions­methode demonstrieren, die in einigen Fällen dem klassischen Radar überlegen sein kann. „Wir sind gespannt auf die Auswirkungen unserer Forschung, insbe­sondere für Mikrowellen­sensoren mit kurzer Reichweite“, so Barzanjeh. Johannes Fink ergänzt: „Dieses wissen­schaftliche Ergebnis war nur möglich durch die enge Zusammen­arbeit von theoretischen und experi­mentelle Physikern die neugierig sind wie man Quantenmechanik nutzen kann um klassische Schranken in der Sensorik zu durchbrechen. Um einen Nutzen aus unserer Forschung zu ziehen, brauchen wir darüber hinaus aber auch die Unter­stützung erfahrener Elektro­ingenieure denn es gibt noch viel zu tun bevor das Konzept in der Praxis angewendet werden kann.“

IST Austria / JOL

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