31.01.2014

Physikalische Zauberei: die Kette im Ring

Ein Hochgeschwindigkeits-Video zeigt das scheinbar Unmögliche: ein Ring verfängt sich in einer Kette.

Ein einfacher physikalischer Zaubertrick besteht darin, eine Kette über den Handrücken zu legen und danach von unten einen Ring über die Kette zu schieben. Der Ring kann entweder von der zweiten Hand oder der die Kette haltenden Hand gehalten werden. Er wird sodann losgelassen und soll (mit einem Knoten) in der Kette hängen bleiben.

Selbst wenn der Versuch mehrfach vorgeführt wird, fällt es Unwissenden häufig schwer, ihn erfolgreich nachzumachen. Meistens fällt der Ring einfach aus der Kette heraus auf den Boden. Erst wenn als Hilfestellung mitgeteilt wird, man solle den Ring mit zwei Fingern halten, gelingt es manchmal – und manchmal nicht. Der entscheidende physikalische Tipp besteht darin, dass man einen der beiden Finger zuerst wegzieht, so dass der Ring um die Durchmesserachse kippt. Er beginnt also, um den verbleibenden Finger zu rotieren, bevor er sich auch von diesem löst.

Mit Hochgeschwindigkeits-Aufnahmen lässt sich der Vorgang detailliert studieren. Nach dem Loslassen des ersten Fingers und vor dem Ablösen vom zweiten Finger beginnt der Ring zu rotieren. Nach etwa 100 ms hat sich der Ring um 90 Grad gedreht. In einem der untersuchten Fälle erreicht der Ring einen maximalen Drehwinkel von insgesamt etwa 140 Grad. Die durch Trägheit erwartete weitere Rotation wird jedoch nach Durchschreiten des 90-Grad-Winkels gebremst und kommt praktisch zum Stillstand, da das untere Kettenteil bei weiterer Rotation ausgelenkt wird. Es stellt ein Gegengewicht dar, das ein Gegendrehmoment verursacht.

Im Hochgeschwindigkeits-Video erkennt man deutlich das Nach-oben-Rutschen des unteren Kettenteils über den Ring mit Bildung des Knotens. Dieser Versuch erfolgte mit einer Kettenlänge von etwa 15 cm unter dem Ring (feingliedrige Kette und leichter Ring, 1000 Bilder pro Sekunde, Belichtungszeit 1/5000 s) (Video: M. Vollmer, K.-P. Möllmann).

Ob der Versuch selbst nach solch einem Bilderbuchstart erfolgreich ist, hängt von der Kombination mehrere Größen ab, nämlich der Masse und Dimension des Rings, der Steifigkeit der Kette sowie der Reibung zwischen Ring und Kette. Durch das Drehen des Rings über 90 Grad hinaus wird das nach unten heraushängende Kettenende ausgelenkt. Die beiden Teile beginnen bei geringer Gleitreibung auf der Außenseite des Rings langsam nach oben zu rutschen. Dies führt dazu, dass sich schon während des Falls ein Knoten bildet, sofern beide Kettenteile es schaffen, über die dickste Stelle nach oben zu rutschen. Kurz bevor der Ring ganz unten ist, kann es – insbesondere bei einer feingliedrigen Kette – vorkommen, dass der darunter befindliche Kettenrest mit Schwung um den Ring rotiert.

Ein wesentlicher Parameter für dieses Experiment ist die erforderliche Kettenlänge. Die unter dem Ring befindliche Kette muss mindestens so lang sein, dass der Ring über 90 Grad drehen kann, um die Kette auszulenken. Auf weiteren Hochgeschwindigkeits-Aufnahmen erkennt man, dass der maximale Drehwinkel bei schwerem Ring und grober Kette etwa bei drei Ringdurchmessern unter der Startposition erreicht war. In der Tat konnten wir selbst bei minimalen Falllängen um etwa 15 cm (die Kette einfach mehrfach um Hand schlingen) den Versuch erfolgreich durchführen.

Der Originalbeitrag ist in der aktuellen Ausgabe von Physik in unserer Zeit erschienen. Sie finden ihn hier zum freien Download.

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