15.11.2022

Neue Achse für mehr Reichweite

Bauteil schafft in der Karosserie mehr Platz für die Batterie in Elektroautos.

Die begrenzte Reichweite ist ein wesentlicher Kritikpunkt speziell bei kleineren Elektro-Autos. Eine Innovation des Lehrstuhls für Fahrzeug­leichtbau der Universität Siegen ermöglicht hier eine deutliche Verbesserung: Xiangfan Fang und sein Team haben eine neue Hinterachse für batterie­betriebene Kleinwagen entwickelt, die in der Karosserie mehr Raum für die Batterie lässt. So können größere Antriebs­batterien eingebaut werden, wodurch sich die Reichweite der Autos um 35 Prozent steigern lässt – das entspricht rund 115 Kilometern. Die neue Hinterachse wurde im Rahmen des Forschungs­projektes „E-MLTA“ – Entwicklung und Erprobung einer bauraum­sparenden Mehrlenker-Torsions­achse – zusammen mit Ford, VW und weiteren Projekt­partnern entwickelt. Das Projekt wurde aus dem Euro­päischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) NRW mit insgesamt 1,6 Millionen Euro gefördert.

Abb.: Der Prototyp der Achse wurde in einen Testwagen eingebaut. Schwere...
Abb.: Der Prototyp der Achse wurde in einen Testwagen eingebaut. Schwere Metallplatten unter dem Boden des Benziners simulieren das Gewicht der Batterie. (Bild: A. Göbel)

„Wir haben die Hinterachse umgedreht und den Querträger der Achse so nach hinten, in Richtung Koffer­raum verlagert“, sagt Fang. „Damit vergrößert sich nach vorne die Fläche, die unter dem Auto für die Batterie zur Verfügung steht.“ Um die gewohnten Fahr­eigenschaften des Autos zu erhalten, mussten die Siegener Fahrzeugbauer an der Achse jedoch noch weitere Anpassungen vornehmen: Mehrere Lenker und Gelenke sorgen unter anderem dafür, dass sich das Auto beim Bremsen normal verhält und nicht mit dem Heck nach oben geht. „Wir haben die neue Achse zunächst am Computer konstruiert und virtuell in die Karosserie integriert, um die Eigen­schaften genau berechnen und simulieren zu können“, erklärt Projekt-Mitarbeiter Jens Olschewski. Basierend auf diesen Daten sei im Anschluss der Prototyp der Stahlachse entstanden.

Im nächsten Schritt wurde die Achse mit den Projekt­partnern aus der Industrie in Hardware umgesetzt und in einen Fiesta eingebaut, den Projekt­partner Ford den Wissen­schaftlern als Testwagen zur Verfügung gestellt hatte. Um das Gewicht der Batterie zu simulieren, wurden unter dem Boden des Benziners schwere Metall­platten angebracht. Anschließend wurde das Auto mit umfang­reicher Messtechnik ausgestattet und im Prüfstand sowie auf einer Teststrecke der Firma Ford in Belgien von Experten ausführlich getestet. Zusätzlich führte das Siegener Forscherteam Test­fahrten mit allen Mitarbeitern des Projekt­konsortiums auf dem Verkehrs­übungsplatz in Olpe durch.

Bei den Tests zeigte sich, dass Komfort und Sicherheit des Fahrzeugs erhalten bleiben. Bei der Fahrdynamik schnitt der Testwagen in einigen Punkten leicht schlechter ab als Autos mit herkömm­licher Hinterachse. „Die Differenz ist aber so gering, dass wir sie durch weitere Abstimmungen sicherlich kompen­sieren können“, ist Fang überzeugt. Vertreter der beiden Projektpartner Ford und VW hätten sich von den Ergebnissen insgesamt beeindruckt gezeigt. Aktuell arbeiten Fang und sein Team daran, das neue Achs-Konzept noch weiter zu verbessern. Parallel laufen Gespräche mit mehreren Auto­herstellern mit dem Ziel, die Hinter­achse serienmäßig in Elektro-Kleinwagen einzubauen. „Wir wären sehr stolz darauf, wenn in einigen Jahren E-Autos mit unserer Achse durch die Gegend fahren“, sagt Fang.
 

U. Siegen / JOL

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