02.08.2019

Mond ist älter als gedacht

Isotopenanalyse an Probenmaterial von Apollo-Missionen weist auf frühe Entstehung hin.

Eine neue Studie unter der Federführung von Geowissenschaftlern der Universität zu Köln hat das Alter des Mondes auf zirka fünfzig Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems eingegrenzt. Unser Sonnensystem ist 4,56 Milliarden Jahre alt. Die neue Studie datiert somit das Alter des Mondes auf rund 4,51 Milliarden Jahre. Das bedeutet, dass der Mond sehr viel älter ist als bisher angenommen. Bislang wurde sein Alter in der Forschung auf deutlich jünger als 4,5 Milliarden Jahre geschätzt. Um diese Ergebnisse zu erzielen, analysierten die Wissenschaftler die chemische Zusammensetzung einer Vielzahl von Gesteinsproben, die auf unterschiedlichen Apollo-Missionen gesammelt wurden. 
 

Abb.: Apollo-Probe 12054: Diese Probe ist ein Ilmenit-Basalt, der während der...
Abb.: Apollo-Probe 12054: Diese Probe ist ein Ilmenit-Basalt, der während der Apollo 12-Mission gesammelt wurde. (Bild: M. Thiemens)

Am 21. Juli 1969 landeten Menschen erstmals auf einem anderen Himmelskörper. Die Besatzung der Apollo 11-Mission sammelte in ihren wenigen Stunden auf der Mondoberfläche 21,55 Kilogramm Gesteinsproben und brachte sie zur Erde zurück. Aus diesen Proben können Forscher auch fünfzig Jahre später noch neue Erkenntnisse über Schlüsselereignisse im frühen Sonnensystem und über die Entwicklung des Erd-Mond-Systems gewinnen. Die Entstehung des Mondes war das letzte große planetare Ereignis nach der Entstehung der Erde. Eine genaue Bestimmung des Alters des Mondes lässt daher auch Rückschlüsse darüber zu, wie und wann die Erde entstanden ist und wie sie sich zu Beginn des Sonnensystems entwickelte. 

Die Geowissenschaftler haben in ihrer Studie die chemischen Signaturen unterschiedlicher Arten von Mondgestein untersucht, die während der verschiedenen Apollo-Missionen gesammelt wurden. „Ein Vergleich der relativen Mengen einzelner seltener Elemente im Gestein zeigt, wie die einzelnen Proben mit dem Mondinneren und der Verfestigung des einst flüssigen Magmaozeans auf seiner Oberfläche zusammenhängen“, sagt Raúl Fonseca von der Universität zu Köln. Zusammen mit seinem Kollegen Felipe Leitzke simuliert er in Laborexperimenten Prozesse, die im Innern des Mondes ablaufen.

Der Mond entstand wahrscheinlich infolge einer gigantischen Kollision zwischen einem Himmelskörper von der Größe des Mars und der frühen Erde. Im Laufe der Zeit wuchs der Mond aus dem Material, das nach der Kollision in die Erdumlaufbahn geschleudert wurde. Der frühe Mond war von einem flüssigen Magmaozean bedeckt, der beim Abkühlen verschiedene Arten von Gesteinen bildete. „In diesen Gesteinen, die man heute noch auf der Mondoberfläche finden kann, sind Informationen über die Entstehung des Mondes archiviert“, sagt Maxwell Thiemens, Erstautor der Studie, der bis vor Kurzem noch an der Universität zu Köln geforscht hat. Peter Sprung fügt hinzu: „Solche Beobachtungen sind auf der Erde nicht mehr möglich, da unser Planet im Laufe der Zeit geologisch aktiv war. Der Mond bietet somit eine einzigartige Gelegenheit, die frühe Geschichte eines Himmelskörpers zu erforschen.“

Die Kölner Wissenschaftler zeigten anhand der Beziehung zwischen den seltenen Elementen Hafnium, Uran und Wolfram, wie das Basaltgestein der Mare (schwarze Tiefebenen auf der Mondoberfläche) durch Schmelzprozesse entstanden ist. Dank einer bisher unerreichten Messgenauigkeit stellten die Kölner Geowissenschaftler fest, dass diese Elemente in den verschiedenen Gesteinseinheiten in unterschiedlichen Verhältnissen auftreten. Damit können sie das Verhalten dieser seltenen Elemente bei der Entstehung des Mondes genauer charakterisieren. 

Durch die Untersuchung von Hafnium und Wolfram auf dem Mond können Geologen eine radioaktive Uhr anwenden, bei der das radioaktive Isotop Hafnium-182 zu Wolfram-182 zerfallen ist. Dieser radioaktive Zerfall war nach den ersten siebzig Millionen Jahren des Sonnensystems komplett abgeschlossen. Eine Kombination dieser Daten mit den Informationen aus Laborexperimenten zeigt nun, dass der Mond bereits fünfzig Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems begonnen hat, sich zu verfestigen. 

„Diese Altersbestimmung zeigt, dass das große Kollisionsereignis vor dieser Zeit stattgefunden haben muss und beantwortet die in der Wissenschaft sehr umstrittene Frage nach dem genauen Zeitpunkt der Entstehung des Mondes“, sagt Carsten Münker vom Institut für Geologie und Mineralogie der Universität zu Köln, Seniorautor der Studie.

Maxwell Thiemens resümiert: „Die ersten Schritte der Menschheit auf einem anderen Planeten vor fünfzig Jahren lieferten Proben, die uns den Zeitpunkt und die Entwicklung des Mondes sowie den Ursprung der Erde verstehen lassen. Da die Entstehung des Mondes das letzte planetarische Ereignis nach der Entstehung der Erde war, können wir anhand des Alters des Mondes auch das Mindestalter der Erde bestimmen.“

U. Köln / DE
 

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