15.07.2021

Mit Physik gegen Mikroplastik

Neue Forschungsprojekte entwickeln Methoden zur Identifikation und Zerkleinerungsprozessen von Mikroplastik.

Das Land Hessen fördert in der neuen Förderlinie „LOEWE-Exploration“ unkonventionelle innovative Forschung. Die Philipps-Universität Marburg hat mit zwei Projekten zum Nachweis und zur Herkunft von Mikroplastik gepunktet und erhält eine Gesamtförderung von etwa 500.000 Euro.

 

Abb.: Mikroplastik gerät über verschiedene Wege in die Umwelt, zum Beispiel...
Abb.: Mikroplastik gerät über verschiedene Wege in die Umwelt, zum Beispiel durch Kosmetika oder durch die Zersetzung von Plastikmüll. (Bild: M. Koch)

„Die Belastung der Umwelt mit Mikroplastik gehört zu den großen globalen Problemen der Gegenwart. Mit unserer Forschung leisten wir einen innovativen Beitrag für eine nachhaltige Lösung dieses Problems. Ich freue mich sehr über den Erfolg der Universität in der neuen Förderlinie und gratuliere allen Beteiligten sehr herzlich“, sagt Michael Bölker, Vizepräsident für Forschung und Internationales an der Philipps-Universität Marburg.

Marina Gerhard aus dem Fachbereich Physik bringt Mikroplastikteilchen mit UV-Licht zum Leuchten und erforscht, wie genau man mit dieser relativ kostengünstigen Messmethode Mikroplastik nachweisen kann. Das Projekt „Identifikation von Mikroplastik mit Photo­lumineszenz-Anregungs­spektroskopie“ wird für zwei Jahre mit insgesamt gut 220.000 Euro gefördert.

Mikroplastik belastet die Umwelt, vergiftet die Meere und beschleunigt das Artensterben. Um die Belastung zu verringern, sind präzise Analysemethoden zu Art und Herkunft der Plastikteilchen nötig. Bisherige Verfahren sind teuer und kommen deshalb kaum zum Einsatz. Ziel des Projektes ist ein potenziell sehr kostengünstiger Ansatz, der eine besondere Eigenschaft von Plastik-Materialien nutzt: Sie leuchten – genauer: lumineszieren – unter Anregung mit ultraviolettem Licht, und zwar je nach Farbe des anregenden Lichts und materialspezifischen Eigenschaften unterschiedlich. Mit der Lumineszenz-Anregungsspektroskopie können Materialien deshalb identifiziert werden.

„Der große Vorteil von Lumineszenzmessungen liegt darin, dass sie technisch nicht so anspruchsvoll sind wie bislang etablierte Verfahren zur Untersuchung von Mikroplastik. Sie liefern uns aber andererseits auch nicht immer ganz eindeutige Ergebnisse in Bezug auf die Materialsorte. Die Herausforderung dieses Projekts besteht also darin, die Methode so weiterzuentwickeln, dass sie material­spezifische Details sichtbar macht“, sagt Marina Gerhard. Die Forscherin tritt zum 1. September eine Tenure-Track-Professur am Fachbereich Physik der Philipps-Universität an. Ist ihr Projekt erfolgreich, wären idealerweise auch größer angelegte Studien zur Verteilung von Mikroplastik möglich.

Peter Lenz und Martin Koch aus dem Fachbereich Physik erforschen die Herkunft von Mikroplastik in der Lahn. Ihr Projekt „Entwicklung eines Modells zur Simulation von Stoffströmen im Bereich Mikroplastik“ wird in den kommenden zwei Jahren mit insgesamt etwa 275.000 Euro gefördert.

Mikroplastik gerät durch Kosmetika und andere Gebrauchsprodukte oder durch die Zersetzung von Plastikmüll in die Umwelt. Das Projekt will einerseits die Zersetzung von Kunststoff­partikeln und andererseits die Verteilung von Mikroplastik in der Umwelt im Computer simulieren und experimentellen Daten und Messungen gegenüberstellen. Konkret soll der Zerkleinerungs­prozess von acht verschiedenen Basispolymeren in Laborexperimenten untersucht und die Mikroplastik­belastung in der Lahn über eine Länge von 30 Kilometern ermittelt werden. Sollte die Modellbildung erfolgreich sein, wäre das der erste Schritt zu einem Vorhersage­system hinsichtlich der zu erwartenden Belastung der Umwelt mit Mikroplastik.

Peter Lenz erklärt: „In unserem Projekt wählen wir einen völlig neuen quantitativen Zugang zur Untersuchung der Verteilung von Mikro­plastik in der Umwelt, der auf einer engen Verzahnung von Theorie und Experiment beruht. Wir freuen uns sehr über die Förderung durch ,LOEWE-Exploration‘, vor allem weil die Mikroplastikforschung noch sehr am Anfang steht. Durch unser Projekt soll ausgelotet werden, inwiefern hier Methoden aus der Grundlagen­forschung erfolgreich eingebracht werden können.“

U. Marburg / DE

 

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