17.01.2020 • Biophysik

Mars: Woher kommt das Methan?

Bestimmte Mikroben können unter den auf dem roten Planeten herrschenden Bedingungen überleben.

Als der NASA-Marsrover Curiosity im Juni 2018 organische Moleküle auf dem Mars fand, war die Fachwelt begeistert. Es bedeutete, dass Leben auf dem roten Planeten irgend­wann einmal existiert haben oder auch jetzt noch möglich sein könnte. Vor Kurzem ergaben neuere Messungen von Curiosity, dass auch die Konzen­tra­tion des Stoff­wechsel­produkts Methan über das Jahr schwankt. Wer oder was produ­ziert also sporadisch das Methan? Erstmals konnte nun die Arbeits­gruppe des Astro­biologen Dirk Schulze-Makuch an der TU Berlin im Experi­ment nach­weisen, dass bestimmte Mikroben in mars­ähn­lichen, salz­haltigen Böden nicht nur über­leben, sondern auch Stoff­wechsel betreiben können – nur mit Kohlen­dioxid und Wasser­stoff als Energie- und Kraft­stoff­quellen – und nur mit den mini­malen Wasser­mengen, die das salz­haltige Gestein der Atmo­sphäre entzieht. Das Methan könnte also von ihnen stammen – eine weitere wichtige Einsicht auf der Suche nach Leben auf dem Mars.

Abb.: Der Marsrover Curiosity entdeckte „Recurring Slope Lineae“,...
Abb.: Der Marsrover Curiosity entdeckte „Recurring Slope Lineae“, Fließspuren an Kraterwänden auf dem Mars. (Bild: NASA)

„Die niedrige Durchschnitts­temperatur und Wasser­aktivität an der Ober­fläche des Mars machen es lebenden Organismen nicht leicht, in dieser Umgebung zu bestehen oder gar sich fort­zu­pflanzen“, so Schulze-Makuch. „Doch die Ergeb­nisse jüngerer Mars­missionen zeigen, dass die Umwelt­bedin­gungen zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten des roten Planeten durchaus die unteren Grenzen über­schreiten, die Leben möglich machen.“ An der Mars­ober­fläche erlauben die Bedin­gungen das dauer­hafte Vor­handen­sein von flüssigem Wasser zwar nicht, doch es sei möglich, dass an einigen Stellen in Ober­flächen­nähe hygro­sko­pische Salze existieren, die der Umgebung Feuchtig­keit entziehen, zum Beispiel Morgen­fröste, und dass sich das Salz von fest zu flüssig wandelt. Das wurde auch von anderen Forschern bereits ange­nommen, zum Beispiel für die dunklen Streifen, die sporadisch an den steilen Wänden einiger Mars-Krater auftreten und für Fließ­spuren gehalten werden. Aus diesen Salzen könnten unter­irdische, ober­flächen­nah lebende Organismen ihren Wasser­bedarf stillen, so die Vermutung. 

Um solche Hypothesen zu über­prüfen, führt die Forschung Wissen­schaftler immer wieder in sehr abge­legene Regionen, deren Umwelt­bedin­gungen, denen auf dem Mars sehr ähnlich sind, beispiels­weise in die Atacama-Wüste in Chile, die McMurdo Dry Valleys in der Antarktis oder die Larse­mann Hills im Osten der Antarktis. „Die Unter­suchung dieser mars­analogen Umge­bungen und der dort vorhandenen Mikro­biota helfen, die Bewohn­barkeit von marsia­nischen Umgebungen zu bewerten“, so Schulze-Makuch. Diese Gebiete sind extrem trocken, aber gleich­zeitig salz­haltig. Sie sind von Mikro­ben­gemein­schaften besiedelt, die sich ihrer Umgebung so ange­passt haben, dass sie beginnen, Stoff­wechsel zu betreiben, sobald sie durch Deliques­zenz befeuchtet werden. Deliques­zenz ist das spezi­fische Vermögen bestimmter Stoffe, meist Salze, die relative Feuchte ihrer Umgebung zu beein­flussen.

Um zu testen, ob die von der Curiosity auf dem Mars gemessenen schwankenden Methan­konzen­tra­tionen von ober­flächen­nah lebenden Mikroben stammen könnten, entwickelten die Forscher ein geschlossenes Deliqueszenz-System mit in diesen mars­ähn­lichen Gegenden vorhandenen ausge­trockneten mars­analogen Substraten, hygro­sko­pischen Salzen und drei methano­genen Archaeen. Anschlie­ßend konnten sie messen, unter welchen Bedingungen die verschiedenen Mikroben zu Stoff­wechsel­aktivi­täten ange­regt wurden.

Das Ergebnis: Zwei von drei bakterien­ähnlichen Organismen haben reagiert, jeweils in verschie­denen Substraten und bei verschie­denen Tempera­turen. Das ließ die Fachwelt aufhorchen, denn bis heute wurden die Modell­organismen – inklusive methan­produ­zie­rende Mikroben – vor allem Stress­faktoren wie Aus­trocknung, Dürre, Hunger, Gefrier- und Auftau­zyklen, hohem Salz­gehalt, niedrigem Atmo­sphären­druck und erhöhten Strahlen­dosen aus­ge­setzt, um die Bewohn­bar­keit des Mars zu bewerten.

„Nach unserer Kenntnis gibt es jedoch keine Studie, die belegt, dass methano­gene Archaeen in einer ober­flächen­nahen Umgebung existieren können, in der Wasser nur durch Deliqueszenz verfügbar gemacht werden kann“, so Schulze-Makuch. „Wir konnten hier zum ersten Mal zeigen, dass allein das durch die Deliqueszenz bereit­gestellte Wasser ausreicht, um methano­gene Archaeen unter diesen extremen Bedingungen erneut zu hydrieren, quasi wieder zum Leben zu erwecken, und deren Stoff­wechsel in einer Umgebung zu reakti­vieren, wie sie nahe unter der Ober­fläche des Mars existiert.“

TU Berlin / RK

Weitere Infos

 

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Jobbörse

Physik Jobbörse in Freiburg und Berlin
Eine Kooperation von Wiley und der DPG

Physik Jobbörse in Freiburg und Berlin

Freiburg, 13.-14.03.2024, Berlin, 19.-21.03.2024
Die Präsentationen dauern jeweils eine Stunde, am Ende der Veranstaltung ist Zeit für Q&A eingeplant.

Meist gelesen

Themen