10.04.2015

Licht, zur Schnecke gemacht

Cäsium-dotierte Glasfaser bremst Licht praktisch bis zum Stillstand herunter.

Licht ist ein sehr nützliches Instrument für die Quantenkommunikation, doch es hat einen entscheidenden Nachteil: Es bewegt sich normalerweise mit Lichtgeschwindigkeit und kann nicht festgehalten werden. Ein Forschungsteam der TU Wien hat nun gezeigt, dass sich dieses Problem beheben lässt – und zwar nicht bloß in exotischen Quantensystemen, sondern in den bereits existierenden Glasfasernetzwerken.

Abb.: Atome, gekoppelt an eine Glasfaser, können das Licht in der Faser drastisch verlangsamen. (Bild: TU Wien)

Durch die geschickte Kopplung von Atomen an die Glasfaser konnten die Forscher das Licht auf 180 Kilometer pro Stunde verlangsamen. Es gelang ihnen sogar, das Licht für kurze Zeit komplett anzuhalten und dann wieder abzurufen. Diese Technik ist eine wichtige Voraussetzung für ein zukünftiges Glasfaser-basiertes Quanten-Internet, in dem man Quanten-Information über große Distanzen teleportieren kann.

Schickt man Licht durch ein Medium, wird es durch die Wechselwirkung mit dem Medium ein bisschen abgebremst. „Bei unserem System ist dieser Effekt extrem, weil wir gezielt eine äußerst starke Wechselwirkung zwischen Licht und Materie erzeugen“, sagt Arno Rauschenbeutel, der am Atominstitut der TU Wien und dem Vienna Center for Quantum Science and Technology arbeitet. „Die Geschwindigkeit des Lichts in unserer atombesetzten Glasfaser beträgt bloß 180 Kilometer pro Stunde – der Railjet der Österreichischen Bundesbahn ist schneller.“

„Es gibt heute verschiedene Ansätze, Information quantenphysikalisch zu übertragen“, sagt Clément Sayrin, ebenfalls von der TU Wien. „Glasfasern sind eine technologisch besonders interessante Variante – schließlich gibt es bereits ein weltweites Glasfasernetz, über das wir täglich Daten austauschen.“

Die Forscher an der TU Wien haben Cäsium-Atome an eine ultradünne Glasfaser gekoppelt. Wenn das Atom das Licht eines Lasers absorbiert, kann es von einem Zustand niedriger Energie in einen Zustand höherer Energie übergehen – vorausgesetzt, die Energie des absorbierten Photons entspricht der Energiedifferenz zwischen den beiden Zuständen. Das Problem ist dabei allerdings, dass auf diese Weise „gespeichertes“ Licht nicht kontrolliert wieder abgerufen werden kann.

Im Experiment hat man deswegen zusätzlich noch einen Kontroll-Laser verwendet, der den Zustand höherer Energie an einen dritten Atomzustand koppelt. „Durch das Zusammenspiel dieser drei Zustände kann man erreichen, dass ein Photon nicht mehr wie sonst einfach absorbiert und dann später zufällig wieder ausgesandt wird. Stattdessen wird die Information des Photons kontrolliert auf ein Ensemble von Atomen übertragen und für definierte Zeit festgehalten.“ Aus dem Lichtteilchen wird so eine kollektive Anregung von Atomen.

Nach zwei Mikrosekunden – einer Zeitspanne, in der das Licht sonst bereits ungefähr einen halben Kilometer zurückgelegt hätte – wurden im Experiment die Atome mit Hilfe des Kontroll-Lasers dazu gebracht, das gespeicherte Licht wieder zurück in die Glasfaser zu senden. Die Eigenschaften der Photonen bleiben bei diesem Verfahren erhalten – eine wichtige Voraussetzung für die Quantenkommunikation.

Information von Lichtteilchen zu speichern ist ein wichtiger technologischer Schritt auf dem Weg zur Quanten-Kommunikation über große Distanzen. „Quantenphysikalisch kann man eine Verbindung zwischen Sender und Empfänger herstellen, die von außen nicht abgehört werden kann“, erklärt Arno Rauschenbeutel. „Die grundlegenden Gesetze der Quantenphysik verhindern, dass irgendjemand in diese Verbindung eingreift, ohne dass die beiden beteiligten Personen das bemerken.“

TU Wien / DE

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