04.06.2019

Licht kontrolliert Supraleiter

Lichtpulse drehen binnen Pikosekunden die Chiralität in topologischen Supraleitern.

Ein aktuelles Forschungsfeld im Bereich der Kontrolle von Quanten­materialien besteht in der Nutzung von starker elektro­magnetischer Strahlung, mit der Materialien aus ihrem normalen Gleichgewicht getrieben werden. Diese Manipulation führt zum Auftreten neuer Material­zustände mit nützlichen und kontrollierbaren Eigenschaften. Jetzt hat ein Team aus Wissen­schaftlern in den USA und Deutschland gezeigt, dass gezielt eingesetzte Laserpulse zur Kontrolle der Chiralität in topo­logischen Supraleitern genutzt werden können.

Abb.: Umschalten eines zwei­komponentigen chiralen Ordnungs­parameters auf...
Abb.: Umschalten eines zwei­komponentigen chiralen Ordnungs­parameters auf einer Bloch-Kugel. (Bild: M. Claassen / NPG)

Chirale topologische Supraleiter sind eine spezielle Klasse von Supra­leitern, in der ein schwer aufzu­findendes Teilchen – ein Majorana-Fermion – auftaucht. Dieses kann für Quanten-Bits genutzt werden, um fehler­resistente Rechnungen durchzuführen. Allerdings sind die Kontrolle und Manipulation von chiralen Supraleitern schwierige Aufgaben. Im Wesentlichen beruht die chirale topologische Natur dieser Materialien auf den Rotations- und Spiegel-Symmetrien des Kristallgitters, die wiederum eine subtile Balance zwischen konkur­rierenden supra­leitenden Zuständen aufrecht­erhalten. 

Die Forscher am Center for Computational Quantum Physics (CCQ) am New Yorker Flatiron Institut, an der Freien Universität Berlin und am Hamburger Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie haben heraus­gefunden, dass ein schwacher Lichtpuls diese Balance stören und eine dramatische Veränderung der elektronischen Ordnung erzeugen kann. Dies geschieht, weil der Puls durch die Wahl der Lichtpolarisation gezielt die unterliegenden Symmetrien bricht. Insbesondere zeigte das Forscherteam, dass eine bestimmte Abfolge von Lichtpulsen gezielt die Chiralität  einer chiralen supraleitenden Region auf einer sehr schnellen Zeitskala umdrehen kann, nämlich innerhalb weniger Pikosekunden. Diese Händigkeit ist eine intrinsische topo­logische Eigenschaft solcher Materialien und bestimmt die Laufrichtung im oder gegen den Uhrzeigersinn von Majorana-Fermionen, die am Rand des Materials auftauchen. 

Eine spannende Folge dieser Arbeit ist die Möglichkeit, rein optisch topologisch geschützte Quanten­schaltkreise zu programmieren. Mit diesen Schaltkreisen könnten Rechnungen mit den Ladungs­zuständen einzelner Elektronen gemacht werden, die in diese Majorana-Rand­zustände gebracht werden. Außerdem ist der zugrunde liegende Mechanismus robust und beruht aus­schließlich auf Symmetrien und nicht etwa auf Material­details. Er könnte direkt auf jedes Material angewandt werden, das mehrk­omponentige Ordnungs­parameter aufweist.

Die Wissenschaftler sagen voraus, dass topo­logische Supraleitung in zeit­aufgelösten Pump-Probe-Experimenten nachgewiesen werden kann, indem ein erster Laserpuls die Chiralität der Supra­leitung umschaltet und ein zweiter Laserpuls diese Veränderung nach einer kurzen Wartezeit ausliest. Dies etabliert Pump-Probe-Experimente als ein neues experi­mentelles Werkzeug, um die vermutete, aber bislang nicht einwandfrei bestätigte chirale topo­logische Natur der Supraleitung in einer Reihe von Materialien zu belegen, etwa in Sr2RuO4, Doppel­lagen-Graphen mit leichter Rotation der beiden Ebenen, SrPtAs, oder UPt3.

MPSD / JOL

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