07.10.2021

Kosmische Brocken früh auf Kollisionskurs

Der Asteroid Vesta erfuhr bereits sehr früh ein sehr heftiges Bombardment.

Vesta, der größte Asteroid unseres Sonnensystems, war sehr viel früher einer umfangreichen Einschlag­serie großer Gesteinskörper ausgesetzt als bislang angenommen. Zu dieser Schlussfolgerung kommen Forscher einer internationalen Kollaboration unter Beteiligung von Geowissenschaftlern der Universität Heidelberg und der Freien Universität Berlin. Ihr Befund beruht auf Analysen von Vesta-Meteoriten, numerischen Simulationen sowie Untersuchungen mit der Raumsonde „Dawn“ aus den Jahren 2011 und 2012 und bietet ein neues Bild von der Chronologie der Kollisions­geschichte im frühen Sonnensystem. Das frühe Bombardement betraf alle erd­ähnlichen Planeten und liefert damit auch wichtige Erkenntnisse zur Frühphase unserer Erde.

 

Abb.: Visualisierung konvektiver Umwälzungen, die im Inneren von Vesta in der...
Abb.: Visualisierung konvektiver Umwälzungen, die im Inneren von Vesta in der frühen Evolutions­phase des Asteroiden statt­fanden. (Bild: W. Neumann, Heidelberg)

Die erdähnlichen Planeten im frühen Sonnensystem wuchsen zunächst durch die Haftung winziger Staubkörner, im Endstadium dann durch Einschläge immer größerer Gesteins­körper. Dies trifft auch auf den Asteroiden Vesta zu. In der Frühphase seiner Entstehung heizte sich Vesta immer stärker auf, so dass ein oberflächen­naher Magma­ozean sowie ein flüssiger metallischer Kern im Inneren entstanden. Im Laufe der Zeit schlugen andere Körper auf der Kruste von Vesta ein, wodurch auch Material als Meteoriten auf die Erde transportiert wurde. Chemische Analysen dieser Meteoriten haben gezeigt, dass weitere kosmische Einschläge die Zusammen­setzung von Vestas Kruste und Mantel auch nach der Kernbildung erheblich verändert haben. Die Masse, die sich unmittelbar nach der Bildung des Kerns von Vesta ansammelte, war wesentlich größer als die, die später hinzugekommen ist, erläutert Harry Becker, Geowissenschaftler der Freien Universität Berlin.

Mit Modellrechnungen der thermischen Entwicklung von Vesta, die von Wladimir Neumann am Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg durchgeführt wurden, ließ sich nun der Zeitraum der frühen Einschläge besser eingrenzen. „Damit das Material der einschlagenden Körper dem Mantel überhaupt einiger­maßen homogen beigemischt werden kann, muss dieser heiß genug sein und sich konvektiv umwälzen“, erklärt Neumann. „Unsere Modelle haben ergeben, dass dies nur für Einschläge innerhalb der kurzen Zeitspanne vor 4,56 bis etwa 4,50 Milliarden Jahren zutrifft.“ Bislang ging die Wissenschaft davon aus, dass die Haupt­phase dieser Bombardierung erst viele hunderte Millionen Jahre später erfolgte – etwa zu einer Zeit, als sich auf dem Mond einige der großen Einschlagskrater bildeten.

Zudem stammen die einschlagenden Körper offenbar nicht, wie bislang vermutet, aus dem heutigen Asteroidengürtel, sondern aus dem inneren Sonnensystem, in dem sich die terrestrischen Planeten gebildet haben. „Für unsere Erde unterstreicht dies nochmals die Bedeutung einer frühen heißen Phase mit einem Magma­ozean, der durch große Einschläge fortlaufend erneuert wurde. In dieser Zeit war die Atmosphäre über viele Millionen Jahre glühend heiß. Erst viel später konnten sich Wasserozeane bilden, indem der heiße Wasserdampf abkühlte und abregnete“, erläutert Kai Wünnemann vom Museum für Natur­kunde Berlin und der Freien Universität Berlin.

Die Forschungsarbeiten an der Universität Heidelberg wurden maßgeblich von der Klaus Tschira Stiftung gefördert. Die Beiträge aus Berlin sind Teil des unter anderem auch von der Universität Münster getragenen Sonder­forschungs­bereichs/Transregio „Late Accretion onto Terrestrial Planets“, der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird. An der internationalen Studie beteiligt waren außerdem Wissenschaftler der Macau University of Science and Technology (Macau), der Université de Nice Sophia-Antipolis (Frankreich), der University of California at Davis und der University of California San Diego (beide USA), der Universität Bayreuth, des Planetary Science Institute in Tucson (USA) und des Instituts für Planeten­forschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt.

U. Heidelberg / DE

 

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