24.08.2023 • Klimaforschung

Klimaanpassung – aber wie?

Forschungsteam entwickelt Kompass für eine erfolgreiche Anpassung an die Klimaänderung.

Die Anpassung an den Klimawandel rückt weltweit immer stärker in den Mittelpunkt. Dabei ist entscheidend sicher­zu­stellen, dass diese Bemühungen effektiv sind und unbeab­sichtigte negative Folgen vermieden werden. Ein inter­natio­nales Forschungs­team unter maßgeb­licher Beteiligung der Uni Bonn hat für diesen Prozess jetzt das Rahmenwerk „Navigating the Adaptation-Maladaptation Continuum“ NAM entwickelt. Das Werkzeug soll bei Entscheidungs­prozessen für Klima­anpassungs­maßnahmen helfen, sowie eine gerechtere und nach­haltigere Zukunft fördern.

Abb.: Einzelne Maß­nahmen zum Klima­schutz – wie etwa...
Abb.: Einzelne Maß­nahmen zum Klima­schutz – wie etwa Ein­schrän­kun­gen beim Luft­ver­kehr – können so­wohl posi­tive als auch nega­tive Folgen haben. Ein Rahmen­werk soll künf­tig dabei helfen, un­be­ab­sich­tigte nega­tive Folgen zu ver­meiden, (Bild: R. Kayser)

Durch die Analyse von Anpassungs­maßnahmen anhand von sechs verschiedenen Kriterien zielt das NAM-Rahmenwerk darauf ab, sowohl erfolgreiche Anpassungs­praktiken als auch potenzielle Fehl­anpassungs­risiken zu identi­fi­zieren. Mithilfe des NAM-Rahmens können Entscheidungs­träger innerhalb jedes Kriteriums spezifische Faktoren für eine erfolgreiche Anpassung oder eine Fehl­anpassung identi­fi­zieren. So besteht beispiels­weise bei Optionen, die die Auswirkungen auf einkommens­schwache Bevölkerungs­gruppen oder ethnische Randgruppen nicht berück­sichtigen, häufig die Gefahr einer Fehl­anpassung. Andererseits können Anpassungs­optionen, die zu Klima­schutz­zielen beitragen, wie etwa die Wieder­her­stellung der Natur und die Kohlen­stoff­bindung, einen erheblichen Zusatz­nutzen haben.

Das NAM-Rahmenwerk bietet einen mehr­dimen­sionalen Ansatz zur Bewertung von Klima­anpassungs­maßnahmen. Es ermöglicht nicht nur eine umfassende Bewertung der Ergebnisse, sondern ermutigt die Entscheidungs­träger auch dazu, sich entlang des Kontinuums von Anpassung und Nicht­anpassung zu bewegen. Durch die Anwendung dieses Ansatzes können Anpassungs­maßnahmen als Teil eines breiteren Weges betrachtet werden, der Synergien, Kompromisse und Konflikte optimiert und gleichzeitig die Entscheidungs­findung unter Beteiligung mehrerer Interessen­gruppen fördert.

„Das NAM-Rahmenwerk plädiert für eine Abkehr von einer engen, kurz­fristigen Perspektive, die ausschließlich die unmittel­bare Wirksamkeit in den Vordergrund stellt“, sagt Diana Reckien von der Uni Twente in den Niederlanden. Stattdessen werde eine ganzheit­lichere Betrachtung der langfristigen Auswirkungen und der miteinander verknüpften Reaktionen gefordert. „Mit diesem Ansatz lassen sich Anpassungs­maßnahmen besser mit weiter gefassten Klimazielen in Einklang bringen und zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen.“

„Von Fehlanpassung spricht man, wenn Strategien zur Anpassung an den Klimawandel umgesetzt werden und die Situation der Menschen verschlechtern, anstatt sie zu verbessern”, sagt Lisa Schipper von der Uni Bonn. Empirische Belege zeigen, so Schipper, dass viele Anpassungs­bemühungen auf der ganzen Welt zu Fehl­anpassungen führen. Die meisten Fehlanpassungen können jedoch erst im Nachhinein erkannt werden, wenn sie bereits eingetreten sind. „Unsere Arbeit stellt einen Durchbruch in der Denkweise dar, indem es einen Rahmen bereitstellt, der es Praktikern und Forschern ermöglichen kann, Fehl­anpassungen zu erkennen, bevor sie auftreten”, sagt die Forscherin, „das wird hoffentlich auch dazu beitragen, Befürchtungen von Geldgebern hinsichtlich des Risikos von Anpassungs­fehlern zu zerstreuen.”

Die Kriterien des NAM entstanden nach einer umfassenden Bewertung der Literatur zu Fehl­anpassungen und Anpassungen, die Teil der Arbeit am 6. Bewertungs­bericht des Welt­klimarats IPCC war. Sie zeigen, dass das Risiko einer Fehl­anpassung verringert werden kann, wenn diejenigen, die am stärksten durch die Auswirkungen des Klimawandels gefährdet sind, von Anpassungs­konzepten profitieren können. „Das erfordert eine Umkehrung des üblichen Ansatzes, bei dem Geldgeber und externe Akteure sowie wohlhabende Eliten Entscheidungen treffen und Anpassungs­projekte durchführen, ohne diejenigen zu konsultieren oder einzu­beziehen, die vom Klimawandel betroffen sein werden“, erläutert Schipper. Der NAM diene als Kompass, um heraus­zu­finden, wie diese Art von Praktiken das Risiko einer Fehl­anpassung beeinflussen kann, und bietet somit die Möglichkeit, Anpassungs­strategien zu überdenken und neu zu planen.

U. Bonn / RK

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