24.07.2019

Information ohne Teilchen oder Welle

Nanophotonischer Prozessor als Basis für ein kontrafaktisches Kommunikationsprotokoll.

Üblicherweise trägt die Brieftaube die Nachricht stets mit sich; die Information ist an ein physikalisches Objekt gebunden. Der Intuition wider­sprechend zeigten nun Wissen­schafter ;der Universität Wien unter der Leitung von Philip Walther, der Universität Cambridge und des MIT in einem neuen Kommunikations­protokoll, dass dies in der Quanten­mechanik nicht immer zutrifft. Mit ihrem Experiment widerlegen sie damit einen wesentlichen Grundsatz bisheriger Kommunikations­modelle.

Abb.: Konzept der kontra­faktischen Kommuni­kation, bei der die Taube und die...
Abb.: Konzept der kontra­faktischen Kommuni­kation, bei der die Taube und die Nachricht nicht in die gleiche Richtung reisen. (Bild: J. L. de Guevara, Univ. Wien)

Ob Tauben in der Luft, Elektronen im Kabel, Radiowellen eines Handys oder einzelne Photonen in Glasfaser­leitungen; bei herkömm­lichen Kommunikations­kanälen ist immer ein Teilchen oder eine Welle am Informations­austausch zwischen zwei Kommunikations­partnern, Alice und Bob, beteiligt. In der Quanten­mechanik kann man allerdings Informationen von Alice zu Bob senden, während die an diesem Informations­austausch beteiligten Teilchen oder Wellen von Bob zu Alice reisen. Nun realisierten die Forscher aber ein kontra­faktisches Kommunikations­protokoll. Üblicher­weise wird in der optischen Kommunikation Information in einzelnen Photonen verschlüsselt. Dement­sprechend wird die Information in die gleiche Richtung übertragen wie die einzelnen Photonen, zum Beispiel von Alice zu Bob. In der kontra­faktischen Kommunikation gibt es hingegen keinen Informations­träger, der sich in dieselbe Richtung wie die Nachricht bewegt. Hier wandern einzelne Photonen von Alice zu Bob, während die Information von Bob zu Alice wandert.

Was überträgt jedoch dann die Nachricht? Noch bevor Bob das einzelne Photon von Alice empfängt, bereitet Bob seinen experi­mentellen Aufbau gemäß dem Informationsbit vor, das er selbst absenden will, entweder 0 oder 1. Wenn Bob ein Bit 1 senden möchte, schickt er das einzelne Photon an Alice zurück, wenn Bob ein Bit 0 senden möchte, behält er das einzelne Photon in seinem Labor. Das Paradoxe daran ist, dass der vom Kryptoanalytiker Alan Turing entdeckte Zeno-Effekt es Bob ermöglicht, das Photon zurück­zuschicken, ohne jemals mit diesem zu interagieren. Alice kann Bobs Nachricht dann dahingehend auswerten, ob das gesendete Photon zurückg­eschickt wurde oder nicht. Die An- oder Abwesenheit eines einzelnen Photons genügt also, um jede Nachricht zu kodieren.

Bei bisherigen kontra­faktischen Kommunikations­protokollen bleibt eine bestimmte Unge­wissheit, ob Bob mit den Photonen interagiert hat oder nicht. Mit der Realisierung des neuen Protokolls konnten nun Ein­schränkungen früherer Anwendungen überwunden werden. Irati Alonso Calafell erklärt dazu: „In unserer Umsetzung gibt es keinerlei Hinweis, dass das Photon in dieselbe Richtung wie die Information wandert. Darüber hinaus können wir Übertragungs­fehler kompensieren, ohne dafür Informations­bits zu verwerfen.“ Indem sie eine inte­grierte photonische Plattform des MIT mit einem neuen theo­retischen Ansatz der Universität Cambridge kombinierten, gelang es den Wissenschaftern der Universität Wien, einen wesent­lichen Grundsatz bisheriger Kommunikations­modelle zu widerlegen: Dass eine Nachricht immer durch physische Teilchen oder Wellen übertragen wird.

U. Wien / JOL

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