07.10.2021

Herausragende Photonik-Forschung

Besonders innovative Abschlussarbeiten mit dem Applied Photonics Award gewürdigt.

Sauberes Wasser, die Beseitigung von Weltraum­schrott, neue Verfahren für die medizinische Endoskopie und stärkere Laser – auch in diesem Jahr wurden wieder innovative Abschluss­arbeiten mit besonderem Bezug zur Photonik mit dem Nachwuchs­preis des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Fein­mechanik IOF, dem „Applied Photonics Award“, ausgezeichnet. Die Preise wurden am 29. September im Rahmen der „Photonics Days Jena“, des internationalen Karriere- und Netzwerk­events des Fraunhofer IOF und der Max Planck School of Photonics, von Nobel­preis­träger Reinhard Genzel virtuell an die vier Preisträger übergeben.

 

Abb.: Andreas Tünnermann (Leiter Fraunhofer IOF) zusammen mit Reinhard Genzel...
Abb.: Andreas Tünnermann (Leiter Fraunhofer IOF) zusammen mit Reinhard Genzel (MPE, digital zugeschaltet) und den glücklichen Gewinnern des Applied Photonics Award 2021 (v.l.n.r.): Katrin Bihr, Christoph Stihler, Luise Hoffmann und Tobias Schnabel. (Bild: C. Süß / Fh.-IOF)

Eine Fachjury, bestehend aus Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft, hatte die prämierten Arbeiten zuvor ausgewählt. Prämiert wurden insgesamt drei Abschluss­arbeiten in den Kategorien Bachelor, Master/Diplom und Dissertation. Zusätzlich vergab die Jury einen Sonderpreis für besondere Anwendungs­potenziale.

Den Preis für die beste Bachelorarbeit (1.000 €) erhielt Katrin Bihr, Hochschule Furtwangen für ihre Arbeit „Tiefenmessung in endoskopischen 3D-Systemen“. Stereo­endoskope bestehen aus zwei Kameras und ermöglichen eine dreidimensionale Sicht. Jedoch können beim Einsatz von 3D-Endoskopen Distanzen und Größen über die Tiefen­wahrnehmung des Instrumentes vom Operateur derzeit nur grob abgeschätzt werden. Dies beeinträchtigt die objektive Dokumentation eines Befundes.

Im Rahmen ihrer Bachelorarbeit hat Katrin Bihr ein Verfahren entwickelt, mit dem die Tiefe eines Objekt­punktes vor dem Endoskop bestimmt werden kann. Die Möglichkeit, Gewebe und Tumore im Inneren des Körpers zu vermessen, kann einen großen Fortschritt für Diagnostik und Behandlung in der Medizin bedeuten. Hierdurch können etwa Verfahren in der Krebs­therapie schonender oder ziel­gerichteter durchgeführt werden. Doch der Ansatz zur Tiefen­messung ist auch über den Bereich der Endoskopie hinaus anwendbar: Stereo­kamera­systeme können potenziell überall dort zur Anwendung kommen, wo die Kamera­position relativ zur Objekt­oberfläche fixiert ist und nur ein kleiner Raum zur Verfügung steht.

Den Preis für die beste Masterarbeit (2.000 €) bekam Luise Hoffmann, Technische Universität Clausthal, für ihre Arbeit „Herstellung und Charakterisierung von Femto­sekunden­laser-legierten Nickel­netz­elektroden für die alkalische Wasser­elektrolyse“. Femto­sekunden­laser bieten ein breites Anwendungs­spektrum in der Medizin und Messtechnik. Doch auch im Bereich der Material­bearbeitung rücken sie immer weiter in den Fokus. Insbesondere bei der Oberflächenbearbeitung ermöglicht die Modifikation physikalischer Eigenschaften neue Anwendungs­bereiche für verschiedenste Materialien wie Halbleiter, Gläser und Metalle.

Luise Hoffmann stellt in ihrer Masterarbeit ein neuentwickeltes dreistufiges Femto­sekundenlaser-Legierungs­verfahren vor. Hierbei wird das Katalysator­material aus dünnen Folien in die Oberfläche eingearbeitet. Die von Hoffmann vorgestellte Methode wird angewendet, um neben der Erzeugung einer strukturierten Oberfläche stabile Metall­legierungen aus Molybdän als Katalysator auf Nickel­netzelektroden für die Wasserstoff­entwicklungs­seite (HER) in der alkalischen Wasserelektrolyse (AEL) herzustellen.

Aus dem von Hoffmann entwickelten Verfahren ergibt sich eine Vielzahl von weiteren Anwendungs­gebieten, welche auch für den industriellen Bereich von Interesse sind. Aufgrund gegenwärtiger klimapolitischer Ziele liegt ein Haupt­augenmerk aktueller Forschung auf der Erzeugung und Speicherung von Wasserstoff, um elektro­chemische Verlust­erscheinungen zu minimieren.

Tobias Schnabel, Bauhaus-Universität Weimar, erhielt den Preis für die beste Dissertation (3.000 €) für seine Arbeit „Photokatalytischer Abbau von pharmazeutischen Mikro­schadstoffen an träger­gebundenen Katalysatoren“. Schadstoffe in unserem Abwasser, die nur geringfügig bis gar nicht durch die kommunalen Kläranlagen entfernt werden können, bezeichnet man als anthropogene Mikro­schadstoffe. Wie das Wasser mithilfe eines photonischen Systems gereinigt werden kann, schildert Schnabels Arbeit. Sie beschäftigt sich mit der Nutzung von UV-A-LEDs als Anregungsquelle für trägergebundene Photo­katalysatoren.

Hierzu hat er neue Reaktions­konzepte und Katalysatoren für die Oxidation von pharmazeutischen Mikro­schadstoffen in der Matrix des kommunalen Abwassers entwickelt und untersucht. Im Rahmen der Arbeit wurde ein photonisches System für die kalte Verbrennung (photokatalytische Oxidation) von Pharmaka im Ablauf kommunaler Kläranlagen entwickelt, aufgebaut und unter realen Bedingungen getestet. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass es mit relativ kleinem Energiebedarf möglich ist, kommunales Abwasser mit einem photokatalytischen System zu reinigen.

Den Preis der Jury für besondere Anwendungs­potenziale (1.500 €) bekam Christoph Stihler, Friedrich-Schiller-Universität Jena, für die Arbeit „Transverse mode instability - Insights into modal energy transfer in high-power fiber lasers“.

Durch ihre einzigartigen Eigenschaften ermöglichen Faserlaser schon heute eine Vielzahl von Anwendungen. Mittels einer speziellen dünnen Glasfaser können sie hochenergetische Laserstrahlung erzeugen. Diese Strahlung hat im Vergleich zu der von anderen Laser­technologien eine äußerst hohe Strahlqualität und kann damit auf eine extrem kleine Fläche fokussiert werden. Dadurch lassen sich Anwendungen mit höchster Präzision durchführen. Zudem ermöglicht die große Oberfläche der Faser eine effiziente Kühlung. In der Vergangenheit konnte man so die Durchschnittsleistung von Faserlasern nahezu exponentiell steigern, ohne auf die hervorragende Strahlqualität verzichten zu müssen. 2010 stoppte diese Entwicklung jedoch abrupt. Faserlaser waren in einen Leistungs­bereich vorgedrungen, in dem ein neuartiger thermischer Effekt zu beobachten war. Dieser führte dazu, dass zeitliche und räumliche Fluktuationen das sonst so stabile und ideale Strahlprofil des Faserlasers zerstörten. Seither behindert das Phänomen der „transversalen Moden­instabilität“ (TMI) eine weitere Steigerung der Leistung von Faserlasern mit idealer Strahl­qualität.

Mit seiner Doktorarbeitet will Christoph Stihler zu einem fundamentalen Verständnis der Moden­instabilität und damit der Überwindung der sich aus ihr ergebenden Beschränkungen beitragen. Mit seinen Erkenntnissen hat er neue Strategien zur Unterdrückung von TMI entwickelt und damit den Weg für die weitere Leistungs­skalierung von Faserlasern geebnet. Die höhere Durchschnittsleistung bei idealer Strahlqualität hat vielfältige Anwendungs­potenziale, darunter die Beseitigung von Welltraum­schrott durch den Beschuss von Trümmerteilen mit leistungsstarken boden- oder satelliten­gestützten Lasern.

Fh.-IOF / DE

 

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