10.02.2020

Heiße Supraleiter für Quantencomputer

Quanteneffekte in Nanodrähten aus Hochtemperatur-Supraleitern analysiert.

Die Entwicklung eines Quantencomputers, der Probleme lösen kann, die klassische Computer nur mit großem Aufwand oder gar nicht meistern – das ist das Ziel, das derzeit Forscherteams auf der ganzen Welt verfolgen. Als vielver­sprechende Bauteile, um Quantencomputer zu realisieren, gelten Supraleiter. Ein Knackpunkt supraleitender Nanostrukturen ist jedoch, dass sie nur bei sehr niedrigen Temperaturen funktionieren. Doch nun haben Forscher der Universität Münster und des Forschungszentrums Jülich erstmals eine Energie­quantisierung in Nanodrähten aus Hochtemperatur-Supraleitern nachgewiesen. Der supra­leitende Nanodraht nimmt nur noch ausgewählte Energie­zustände an, die zur Kodierung von Informationen genutzt werden könnten. In den Hochtemperatur-Supra­leitern beobachteten die Forscher außerdem erstmals die Aufnahme eines einzelnen Photons, das der Informations­übertragung dient.

Abb.: Messaufbau zur Charak­terisierung von Nano­brücken in einem...
Abb.: Messaufbau zur Charak­terisierung von Nano­brücken in einem Kryo­staten. (Bild: M. Wolff)

„Unsere Ergebnisse können zum einen dazu beitragen, zukünftig eine erheblich vereinfachte Kühltechnik in den Quanten­technologien einzusetzen, zum anderen bieten sie uns vollkommen neue Einblicke in die immer noch unver­standenen Prozesse supraleitender Zustände und deren Dynamik“, sagt Carsten Schuck vom Physikalischen Institut. Die Wissen­schaftler nutzten Hoch­temperatur-Supraleiter aus den Elementen Yttrium, Barium, Kupferoxid und Sauerstoff, kurz YBCO, aus denen sie wenige Nanometer dünne Drähte herstellten. Wenn Strom durch diese Strukturen geleitet wird, kommt es zu physi­kalischen Dynamiken, die Phasenschlupf genannt werden. Im Falle der YBCO-Nanodrähte können Fluktuationen der Ladungsdichte bewirken, dass sich der Suprastrom ändert. Die Forscher untersuchten die Vorgänge in den Nano­drähten bei Temperaturen von unter zwanzig Kelvin. In Kombination mit Modell-Rechnungen wiesen sie eine Quantisierung der Energie­zustände in den Nanodrähten nach.

Die Temperatur, bei der die Drähte in den Quanten­zustand übergingen, lag bei zwölf bis 13 Kelvin – eine Temperatur, die einige hundertmal höher ist als die Temperatur, die bei den üblicher­weise eingesetzten Materialien benötigt wird. Somit war es möglich, Resonatoren mit viel längeren Lebenszeiten herzustellen und die quanten­mechanischen Zustände länger aufrecht zu halten. Das ist eine Voraussetzung dafür, langfristig immer größere Quanten­computer zu entwickeln. 

Weitere wichtige Bauteile für die Entwicklung von Quanten­technologien, aber potenziell auch für die medizinische Diagnostik, sind Detektoren, die selbst einzelne Photonen nachweisen können. Bereits seit einigen Jahren arbeitet die Forschergruppe um Carsten Schuck daran, solche Einzel­photonen-Detektoren auf Basis von Supraleitern zu entwickeln. Was bei tiefen Temperaturen schon gut klappt, versuchen Wissen­schaftler auf der ganzen Welt seit mehr als einem Jahrzehnt auch mit Hoch­temperatur-Supraleitern zu erreichen. In den nun verwendeten YBCO-Nanodrähten gelang dieser Versuch erstmalig. „Unsere neuen Erkenntnisse ebnen den Weg für neue experimentell überprüfbare theoretische Beschrei­bungen und techno­logische Entwicklungen“, betont Martin Wolff aus der Forscher­gruppe Schuck.

U. Münster / JOL

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