Hauchdünne Polymerfilme als Speicher

Mit Hilfe der Kraftmikroskopie lässt sich eine elektrische Ordnung in dem Material herstellen.

Mit Hilfe von mechanischem Druck lassen sich die elektrischen Eigen­schaften eines weit­ver­breiteten Polymer­werkstoffs erheblich verbessern. Dafür ist es nötig, das Material bis auf wenige Nanometer genau zu bearbeiten, wie ein Team der Uni Halle-Wittenberg berichtet. In ihrer Studie zeigen die Forscher, wie dieser bislang unbekannte physikalische Effekt funktioniert und wie er auch für neue Speicher­technologien nutzbar gemacht werden könnte.

Abb.: Dieses winzige Wappen der Stadt Halle haben die Forscher mit Hilfe des...
Abb.: Dieses winzige Wappen der Stadt Halle haben die Forscher mit Hilfe des von ihnen neu ent­deck­ten Effekts erstellt. (Bild: K. Dörr, U. Halle-Witten­berg)

Polyvinyliden­fluorid, kurz PVDF, ist ein beliebter Polymer-Kunststoff in der Industrie und kommt zum Beispiel bei der Herstellung von Dichtungen, Membranen oder Verpackungs­folien zum Einsatz. Es hat viele praktische Eigen­schaften: Das Material ist dehnbar, biokompatibel und kann auch relativ kostengünstig hergestellt werden. „Bei PVDF handelt es sich zudem um ein ferro­elektrisches Material. Das bedeutet, es besitzt räumlich getrennte positive und negative Ladungen. Diese kann man zum Beispiel für die Speicher­technik nutzen“, erläutert Kathrin Dörr von der Uni Halle-Wittenberg. Allerdings gibt es ein Problem: Bei PVDF handelt es sich um ein halb­kristal­lines Material, das anders als Kristalle über keine komplett geordnete Struktur verfügt. „In dem Material herrscht so viel Unordnung, dass einige der Eigenschaften, die man eigentlich nutzen will, wieder verloren gehen“, so Dörr.

Durch Zufall entdeckte ihr Team, wie sich mit Hilfe der Kraft­mikro­skopie eine elektrische Ordnung in dem Material herstellen lässt. Bei dieser Methode wird eine Material­probe mit einer nur wenige Nanometer großen Spitze abgefahren. Die Schwingungen, die dabei entstehen, können durch einen Laser gemessen und ausgewertet werden. „Damit lässt sich die Ober­flächen­struktur eines Materials auf der Nanoebene analysieren“, sagt Dörr. Mit Kraft­mikro­skopen ist es außerdem möglich, über die winzige Spitze Druck auf die Material­probe auszuüben.

Die Forscher des Teams entdeckten, dass sich dadurch auch die elektrischen Eigen­schaften von PVDF verändern. „Durch den Druck wird das Material an einer gewünschten Stelle elastisch zusammen­gedrückt, ohne dass sich dabei die Moleküle verschieben, aus denen es besteht“, erklärt Dörr. In die Druck­richtung dreht sich die elektrische Polarisation des Materials, also seine elektrische Ausrichtung. So lässt sich die Polarisation auf der Ebene von wenigen Nanometern gezielt einstellen. Die so erzeugten elektrischen Domänen sind extrem stabil: Auch vier Jahre nach dem ursprüng­lichen Versuch waren sie noch intakt.

Der neu entdeckte Effekt ist so präzise steuerbar, dass es den Wissen­schaftlern gelang, mit den elektrischen Ladungen ein nur wenige Nanometer großes Stadtwappen in das Material zu zeichnen - das wahr­schein­lich kleinste der Welt. Das neue Verfahren könnte dabei helfen, Materialien wie PVDF für neue Anwendungen in der Elektro- und Speicher­technik nutzbar zu machen.

U. Halle-Wittenberg / RK

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