05.10.2015

Graphen als Frontkontakt für Solarzellen

Raffiniertes Verfahren kann empfind­liche Perows­kit-Schicht von Tan­dem-Solar­zellen mit Graphen be­schich­ten.

Siliziumschichten wandeln vor allem die roten Spektralanteile des Sonnenlichts sehr effektiv in elektrische Energie um, während die blauen Anteile teilweise als Wärme „verloren“ gehen. Um diesen Verlust zu reduzieren, kombiniert man die Silizium­zelle mit einer weiteren Solar­zelle, die vor allem die blauen Anteile umwandelt. Mit solchen Tandem­zellen haben Teams am HZB bereits ausgiebig Erfahrung gesammelt. Eine besonders gute Ergän­zung zum etablierten Silizium ist das hybride Material Perowskit: Es besteht sowohl aus organischen als auch anorga­nischen Kompo­nenten und besitzt eine Bandlücke von 1,6 Elek­tronen­volt. Allerdings ist es sehr schwierig, die Perowskit-Schicht mit einem trans­pa­ren­ten Frontkontakt zu versehen. Konventio­nelle Lösungen wie das Auf­sputtern von Indium-Zinn-Oxid (ITO) zerstören sie nämlich.

Abb.: Die Tandem-Solarzelle besteht (von unten nach oben, wie der Licht­einfall) aus der Perowskit-Schicht (schwarz, 200-300 nm), Spiro.OMeTAD (beige, 200-300 nm), Graphen (am Rand mit Gold kontaktiert), einem Glas­träger sowie der aSi-cSi-Schicht (lila; Bild: F. Lang / HZB)

Nun hat eine Gruppe um Norbert Nickel eine neue Lösung vorgestellt: Marc Gluba und Felix Lang haben ein Verfahren entwickelt, um die Perowskit-Schicht gleichmäßig mit dem vollkommen transparenten Graphen zu bedecken: Im ersten Schritt lassen die Wissenschaftler das Graphen aus einer Methan­atmosphäre bei etwa tausend Grad auf einer Kupfer­folie aufwachsen. Für das weitere Vorgehen stabili­sieren sie die empfindliche Schicht mit einem Lack, der das Graphen vor Zerreißen schützt. Denn im folgenden Schritt ätzt Lang die Kupfer­folie weg. So kann er im Anschluss die nun frei­stehende Graphen-Lack-Schicht auf das Perovskit übertragen. „Dies wird normaler­weise in Wasser gemacht, die Solarzelle fischt dann sozusagen die auf der Oberfläche schwimmende Graphenfolie auf. In diesem Fall ging das aber nicht, denn Perowskit ist höchst wasser­empfindlich. Wir mussten daher eine andere Flüssigkeit finden, die das Perowskit nicht angreift und dennoch möglichst wasser­ähnlich ist“, erklärt Gluba.

Dass die Graphenschicht in mehreren Hinsichten ein idealer Front­kontakt ist, zeigten die anschlie­ßenden Messungen: Wegen der nahezu voll­ständigen Trans­parenz geht kein Sonnenlicht für die Energie­umwandlung verloren. Vor allem aber gibt es keine Einbußen bei der Leerlaufspannung, wie es beim Aufsputtern von ITO der Fall ist. „Diese Lösung ist in der Handhabung vergleichsweise einfach und günstig“, sagt Norbert Nickel. „Uns ist es damit gelungen, zum ersten Mal Graphen direkt auf eine Perowskit-Solarzelle zu übertragen und so eine hoch effiziente Tandem­zelle mit einem transparenten Front­kontakt aus Graphen zu realisieren.“

HZB / OD

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