11.05.2020

Feinstaub in Echtzeit

Neues Messfahrzeug ermittelt selbst ultrafeine Partikel.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR hat ein Messfahrzeug entwickelt, mit dem es sehr präzise, mobil und in Echtzeit Schadstoffe wie Ruß, Stickoxide oder CO2 in der Luft untersuchen kann. Die Forscher des DLR-Instituts für Verbrennungs­technik haben dazu einen Klein­transporter umgerüstet, sodass alle Messgeräte und Sensoren Platz finden. Das mobile Labor ermittelt gasförmige Schadstoffe genauso Feinstaub. Was Zeit und Partikel­größe betrifft, geht die Auflösung der Messfahrzeugs weit über das Umwelt­monitoring an stationären Mess­stationen hinaus.

Abb.:Dieses DLR-Mess­fahrzeug ermöglicht es, präzise, mobil und in Echtzeit...
Abb.:Dieses DLR-Mess­fahrzeug ermöglicht es, präzise, mobil und in Echtzeit Schad­stoffe in der Luft zu untersuchen. (Bild: DLR, CC-BY 3.0)

Im Fokus der Wissen­schaftler stehen vor allem ultrafeine Partikel (UFP). Diese Teilchen haben einen Durchmesser von weniger als 100 Nanometer. Reguläre Umweltmess­technik und einfache Sensorlösungen können sie meist nicht erfassen. Aufgrund ihrer geringen Größe können ultrafeine Partikel tief in die Atemwege eindringen und dort abgelagert werden. Der spezielle Rußmonitor des Messfahrzeugs kann beispielsweise kleinste Ruß­konzentrationen bis zu 500 Nanogramm pro Kubikmeter Luft nachweisen. „In den Diskussionen rund um Emissions­schutz und Schadstoff­minderung tragen mobile Messungen zu einem deutlich umfassenderen Bild bei“, sagt Tobias Schripp, der das Projekt am Stuttgarter DLR-Institut leitet. „Mit unserem Fahrzeug identifizieren wir besonders belastete Bereiche, also Hotspots wie Verkehrskreuzungen, und machen Emissions­quellen ausfindig. So können wir bestehende Daten zur Luftqualität besser bewerten und statistisch absichern“, sagt Schripp.

Die Spezial­analytik des mobilen Messlabors beruht auf der Expertise des DLR-Instituts für Verbrennungs­technik im Bereich der Messung und Analyse von Emissionen an Flugzeug­triebwerken. In Zukunft wird das Messfahrzeug bei Studien zum Einsatz kommen, die zum Beispiel alternative Treibstoffe in der Luftfahrt untersuchen. Weitere Anwendungs­szenarien sind Mess­kampagenen im Kontext von Forschungs­projekten sowie für öffentliche Auftrag­geber: für Untersuchungen im Autoverkehr und der Schifffahrt, Tests der Luftqualität in Städten sowie im Umfeld von Flughäfen oder für Abgasanalysen von industriellen Verbrennungs­prozessen.

Vor jeder Mess­kampagne erarbeitet das Team ein indi­viduelles Konzept, das abhängig vom Einsatzgebiet und der Forschungsfrage ist. Dazu legen sie Positionen, Routen und Dauer der Messungen fest sowie die zu untersuchenden Parameter. Das mit einem Diesel­antrieb der Abgasnorm Euro-6d ausgestattete Fahrzeug kann auch in Umweltzonen zum Einsatz kommen und verfügt über ein ausgeklügeltes Energie­konzept. Die Kombination aus Batterie, zusätz­licher Licht­maschine und Solarzellen auf dem Dach des Fahrzeugs versorgt die Messgeräte mit Strom. So kann das mobile Labor stationäre Messungen von bis zu drei Stunden durchführen, ohne auf eine externe Strom­versorgung angewiesen zu sein. Die Entnahme der Luftproben erfolgt am Dachende des Fahrzeugs. Der Auspuff befindet sich in der Fahrzeugmitte und ist zur Seite ausgerichtet, sodass die Abgase des Fahrzeugs die Messungen nicht beeinflussen.

Aktuell unternimmt das Team um Tobias Schripp erste Versuchs­fahrten, um die Instrumente des mobilen Labors zu testen und zu justieren. Unterwegs waren sie zum Beispiel Mitte April 2020 rund um den Stutt­garter Flughafen. Aufgrund von Bauarbeiten an der Start- und Landebahn war der Flugbetrieb dort für einige Tage eingestellt. „Diese einmalige Gelegen­heit haben wir genutzt, um Hintergrund­messungen zu machen. So konnten wir Daten sammeln, wie sich die Luftqualität entwickelt, wenn keine Flugzeuge unterwegs sind und das Verkehrs­aufkommen auf den umliegenden Straßen aufgrund der Corona-Krise deutlich reduziert ist“, erklärt Tobias Schripp. Weitere Einsätze des Mess­fahrzeugs sind im Zuge von Forschungs­arbeiten im Bereich der Luftqualität zum Beispiel in Stuttgart und Braun­schweig geplant.

DLR / JOL

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