05.03.2021 • AstronomieAstrophysik

Eine nahe, glühend heiße Super-Erde

Gliese 486b eignet sich besonders gut zur Untersuchung seiner Atmosphäre mit der kommenden Generation von weltraum- und bodengestützten Teleskopen.

Mit dem Aufkommen effizienter Einrichtungen zur Suche nach Exoplaneten stieg die Zahl der bekannten Welten außerhalb des Sonnen­systems schnell in die Tausende. Durch die Kombination verschiedener Beobachtungs­techniken haben Astronomen die Massen, Größen und Dichten von Exoplaneten bestimmt und konnten so ihre innere Zusammen­setzung abschätzen. Das nächste Ziel, diese erdähnlichen Exoplaneten durch die Unter­suchung ihrer Atmo­sphären voll­ständig zu charakte­ri­sieren, ist eine viel größere Heraus­forderung. Besonders bei Gesteins­planeten wie der Erde besteht eine solche Atmosphäre nur aus einer dünnen Schicht, wenn sie überhaupt existiert. Aus diesem Grund bleiben viele aktuelle Atmosphären­modelle von Gesteins­planeten ungeprüft.

Abb.: Künst­lerische Dar­stel­lung der Ober­fläche der neu ent­deckten...
Abb.: Künst­lerische Dar­stel­lung der Ober­fläche der neu ent­deckten heißen Super-Erde Gliese 486b. (Bild: RenderArea)

Planetenatmosphären müssen bestimmte Voraus­setzungen erfüllen, um sie mit Teleskopen der nächsten Generation zu beobachten. In einer Entfernung von nur 26 Licht­jahren haben Wissen­schaftler des CARMENES-Konsortiums jetzt einen Planeten gefunden, der den roten Zwergstern Gliese 486 umkreist und diese Anforderungen an Gesteins­planeten perfekt erfüllt. Der neu entdeckte Planet Gliese 486b ist eine Super-Erde mit einer Masse, die 2,8-mal so groß ist wie die unseres Heimat­planeten. Er ist außerdem dreißig Prozent größer als die Erde. Die Wissen­schaftler verwendeten die Methoden der Transit­photometrie wie auch der Radial­geschwindig­keits­spektro­skopie, um ihre Ergebnisse zu gewinnen.

Berechnet man aus der ermittelten Masse und dem Radius die mittlere Dichte des Planeten, so zeigt sich, dass er eine ähnliche Zusammen­setzung wie Venus und die Erde hat, ein­schließlich eines metal­lischen Kerns. Gliese 486b umkreist seinen Zentralstern auf einer Kreisbahn innerhalb von 1,5 Tagen in einem Abstand von 2,5 Millionen Kilometern. Eine Drehung um die eigene Achse dauert genauso lange, so dass eine Seite immer dem Stern zugewandt ist. Obwohl der Stern Gliese 486 viel licht­schwächer und kühler als die Sonne ist, ist die Ein­strahlung so intensiv, dass sich die Oberfläche des Planeten auf mindestens 700 Kelvin aufheizt.

In diesem Sinne ähnelt die Oberfläche von Gliese 486b wahr­schein­lich eher der Venus als der Erde, mit einer heißen und trockenen Land­schaft, die von glühenden Lava­strömen durch­zogen ist. Im Gegen­satz zur Venus hat Gliese 486b aber möglicher­weise nur eine dünne Atmo­sphäre, wenn über­haupt. Modell­rechnungen könnten mit beiden Szenarien über­ein­stimmen, da die Ein­strahlung von Sternen dazu führen kann, dass Atmo­sphären verdampfen. Gleich­zeitig trägt die Schwerkraft des Planeten dazu bei, dass sie erhalten bleibt. Es ist schwierig, das Gleich­gewicht zwischen diesen beiden Beiträgen zu bestimmen.

„Die Entdeckung von Gliese 486b war ein Glücksfall. Hundert Grad heißer und die gesamte Oberfläche des Planeten wäre Lava. Seine Atmosphäre würde aus verdampftem Gestein bestehen“, sagt José Caballero vom Centro de Astro­biología in Madrid. „Wäre Gliese 486b hingegen hundert Grad kälter, wäre er für Folge­beob­ach­tungen ungeeignet gewesen.“

Die zukünftigen Messungen, die dem CARMENES-Team vorschweben, nutzen die Bahn­orien­tierung aus, die Gliese 486b dazu veranlasst, aus unserem Blick­winkel die Ober­fläche des Zentral­sterns zu kreuzen. Dann scheint ein winziger Bruchteil des Sternen­lichts durch die dünne Hülle der Atmo­sphäre, bevor es die Erde erreicht. Die verschiedenen Verbindungen absorbieren das Licht bei bestimmten Wellen­längen und hinter­lassen ihren Finger­abdruck im Signal. Mit Hilfe von Spektro­graphen spalten die Astronomen das Licht nach Wellen­längen auf und suchen nach Absorptions­merk­malen, um daraus die Zusammen­setzung und Dynamik der Atmosphäre abzuleiten. Diese Methode wird auch als Transit­spektro­skopie bezeichnet.

Eine zweite spektro­skopische Messung, die Emissions­spektro­skopie, ist geplant, wenn Teile der beleuchteten Hemisphäre wie Mond­phasen während des Umlaufs von Gliese 486b sichtbar werden, bis er hinter dem Stern verschwindet. Das Spektrum enthält Informa­tionen über die helle, heiße Planeten­ober­fläche. „Wir können es kaum erwarten, bis die neuen Teleskope zur Verfügung stehen“, sagt Trifonov. „Die Ergebnisse werden uns dabei helfen zu verstehen, wie gut Gesteins­planeten ihre Atmo­sphären halten können, woraus sie bestehen und wie sie die Energie­verteilung auf den Planeten beeinflussen.“

MPIA / RK

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