03.05.2021

Die Mechanik von Tumoren

Neue Forschungsgruppe widmet sich den biomechanischen Faktoren der Tumorentwicklung.

Millionen für die Krebsforschung: Jona Kayser, Junior-Gruppenleiter in der Abteilung für Biologische Optomechanik des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts, konnte sich in einem Auswahlverfahren der Deutschen Forschungs­gemeinschaft durchsetzen. Die DFG fördert seine Untersuchungen zur Evolution von Tumoren in den kommenden Jahren mit rund 1,9 Millionen Euro.

 

Abb.: Dieser 3D-Tumoroid, gewachsen aus einer einzelnen menschlichen...
Abb.: Dieser 3D-Tumoroid, gewachsen aus einer einzelnen menschlichen Krebszelle, kann helfen, die physikalischen Prinzipien der Tumorevolution besser zu verstehen. (Bild: Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin)

Zellen teilen sich permanent, dabei mutiert ihr Erbgut. Auf diese Weise entstehen gelegentlich neue Merkmale, die manchen Zellen einen Überlebensvorteil verschaffen. Doch was für eine Zelle gut ist, muss nicht zwangsläufig auch für den gesamten Organismus gut sein: Beispielsweise können Krebs­zellen durch Mutationen resistenter gegen eine Chemo­therapie werden. Selbst wenn anfangs nur wenige Zellen verändert sind, kann sich aus ihnen nach der Behandlung ein neuer, resistenter und damit viel schlechter behandelbarer Tumor entwickeln.

Allerdings kommt beim Wachstum eines Tumors noch ein weiterer Faktor hinzu: Da die Zellen dicht aneinander liegen, führt ihre Vermehrung immer auch zu mechanischen Wechsel­wirkungen mit den Nachbarzellen – teilen sich Zellen im Inneren des Tumors, schieben sie ihre Nachbarn in Richtung der Tumor-Außenseite. Da dort die Versorgung mit Nährstoffen aus dem Körper besser ist, haben Zellen in diesen Arealen einen deutlichen Standortvorteil: „Mechanische Zell-Zell-Interaktionen können die Auswirkungen der Evolution komplett verändern“, erklärt Kayser.

Mechanische Wechselwirkungen von Zellen stehen noch nicht lange im Fokus der Evolutionsforschung. Deshalb geht es bei Kaysers Forschung zunächst darum, die physikalischen Grundlagen zu verstehen. Doch das Wachstum von menschlichen Tumoren in Echtzeit zu verfolgen, ist kaum möglich. Aus diesem Grund hat Kayser spezialisierte Modellsysteme zur präzisen Nachahmung von Tumorevolution im Labor entwickelt. Diese maßgeschneiderten Modelle bestehen aus mikrobiellen oder krebszell­basierten Zellpopulationen. Sie sind zwar nicht so komplex wie menschliche Tumore, folgen aber den gleichen zugrundeliegenden Prinzipien und ermöglichen es, die Dynamik der Tumor­evolution genau zu untersuchen. Langfristig möchte Kayser mit seiner Forschung dazu beitragen, neue Therapieansätze für Krebs­patienten zu entwickeln.

Mit seinem ambitionierten Projekt konnte sich Jona Kayser im Wettbewerb der DFG durchsetzen. Die Gemeinschaft fördert ihn über die kommenden sechs Jahre mit insgesamt rund 1,9 Mio. Euro. Das ermöglicht ihm, eine neue, unabhängige Emmy-Noether-Forschungs­gruppe am Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin aufzubauen – einem Kooperations­projekt zwischen dem Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL), der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und dem Universitäts­klinikum Erlangen. Das Zentrum bietet ein exzellentes Umfeld für Grundlagen­forschung an der Schnittstelle zwischen Physik und Medizin. Kayser profitiert hier von der interdisziplinären Zusammenarbeit von Wissenschaftlern aus Physik, Mathematik, Medizin und Biologie. Zudem stehen innovative Untersuchungs­methoden wie beispielsweise die Echtzeit-Verformungs­zytometrie zur Verfügung, mit der sich verschiedene Zellarten ohne vorherige Farbmarkierung identifizieren und sortieren lassen. Kayser resümiert: „Es gibt kaum eine bessere Umgebung als das Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin, um dieses Projekt durchzuführen.“

MPL / DE

 

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