01.04.2021

Die frühesten Strukturen im All

Computersimulationen zeigen Entwicklung der ersten Materieverdichtungen.

Das extrem junge Universum kann nicht direkt beobachtet werden, lässt sich aber mithilfe mathematischer Theorien rekonstruieren. Physiker der Universitäten Göttingen und Auckland, Neuseeland, haben nun die Fähigkeit komplexer Computer­simulationen, diese frühe Epoche zu beschreiben, wesentlich verbessert. Sie entdeckten, dass sich innerhalb einer Billionstel­sekunde nach dem Urknall ein komplexes Netz an Strukturen bilden kann, dessen Eigenschaften der Verteilung von Galaxien im heutigen Universum ähneln. Im Unterschied zu heute sind diese primordialen Strukturen jedoch mikroskopisch klein. Typische Klumpen besitzen nur Massen von einigen Gramm und haben räumliche Ausdehnungen, die geringer sind als diejenigen heutiger Elementarteilchen. 
 

Abb.: Die Simulations­ergebnisse zeigen das Anwachsen kleiner Überdichten...
Abb.: Die Simulations­ergebnisse zeigen das Anwachsen kleiner Überdichten kurz nach der Inflations­phase des sehr frühen Universums. (Bild: J. Niemeyer)

Die Forscher konnten Regionen höherer Dichte beobachten, die durch ihre eigene Schwerkraft zusammen­gehalten werden. „Das physikalische Raum­volumen, das unsere Simulation repräsentiert, würde millionenfach in ein Proton passen“, sagt Jens Niemeyer, Leiter der Arbeits­gruppe für Astro­physikalische Kosmologie der Universität Göttingen. „Es ist wahrscheinlich die größte Simulation des kleinsten Bereichs des Universums, die bisher durchgeführt wurde.“

Obwohl die berechneten Strukturen sehr kurzlebig wären und schließlich in Elementar­teilchen „verdampfen“, lassen sich in zukünftigen Experimenten möglicherweise Spuren dieser extremen Frühphase nachweisen. „Die Entstehung solcher Strukturen sowie deren Bewegungen und Wechselwirkungen sollten ein Hintergrund­rauschen von Gravitations­wellen erzeugt haben“, sagt Benedikt Eggemeier, Doktorand in der Arbeits­gruppe von Niemeyer und Erstautor der Studie. „Mithilfe unserer Simulationen lässt sich die Stärke dieses Gravitations­wellensignals berechnen, welches mit zukünftigen Detektoren messbar sein könnte.“

Ebenso ist denkbar, dass durch den Kollaps einiger dieser Strukturen winzige schwarze Löcher entstanden. In diesem Fall könnten sie gegenwärtig beobachtbare Konsequenzen haben oder einen Beitrag zur mysteriösen dunklen Materie leisten. „Andererseits,“ sagt Richard Easther von der Universität Auckland, „falls die Simulationen die Entstehung schwarzer Löcher vorhersagen und wir sie nicht sehen, haben wir einen neuen Weg gefunden, Modelle des sehr jungen Universums zu testen.“ 

U. Göttingen / DE
 

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