21.02.2019 • Energie

Damit der Akku länger hält

Erstmals entscheidender Vorgang auf Silizium-Elektroden beobachtet.

Eine der größten Herausforderungen auf dem Weg zu leistungsfähigeren Lithium-Ionen-Akkus sind hauchdünne Filme, die sich während des Betriebs auf den Elektroden bilden. Diese Beläge schützen die Elektroden und die Batterieflüssigkeit vor Zersetzung, verringern aber die Leistung der Akkus umso stärker, je dicker sie werden. Ein Team um Gunther Wittstock und Eduardo dos Santos Sardinha von der Uni Oldenburg hat jetzt erstmals beobachtet, wie Silizium-Elektroden während des ersten Ladezyklus allmählich von einem solchen Film bedeckt werden. Die Forscher wiesen nach, dass die Schutzschicht anders als bislang angenommen nicht auf der gesamten Oberfläche gleichzeitig entsteht, sondern fleckenhaft heranwächst. Auf der extrem glatten Oberfläche eines Plättchens aus kristallinem Silizium bildeten sich Wachstums­inseln, von denen aus der Film sich weiter ausdehnte.

Abb.: Anhand von Messwerten einer Mikroelektrode konnten die Oldenburger...
Abb.: Anhand von Messwerten einer Mikroelektrode konnten die Oldenburger Chemiker die Entstehung von dünnen Filmen auf Silizium-Elektroden messen. (Bild: G. Wittstock, U. Oldenburg)

Wiederaufladbare Lithium-Ionen-Batterien liefern Energie für Hörgeräte, Handys, E-Bikes oder Elektroautos und dienen als Speicher für Wind- und Solarstrom. Schon seit längerem sind Wissenschaftler auf der Suche nach Möglichkeiten, um die Leistung der Akkus zu vergrößern, damit E-Autos beispielsweise längere Strecken zurücklegen können. Dabei experimentieren sie mit unterschiedlichen Elektroden-Materialien, unter anderem mit Silizium. „Silizium kann mehr Lithium speichern als Graphit, das bisher in den meisten Batterien als negative Elektrode verwendet wird“, sagt Wittstock. Dadurch erhöht sich die Energie­speicher­kapazität der Batterie. Silizium besitzt aber einen entscheidenden Nachteil: Während des Ladevorgangs schwellen die Elektroden auf mehr als das Zwei­einhalb­fache ihres ursprünglichen Volumens an. Dadurch entstehen Spannungen im Material und die Elektroden zerbröseln schnell. Für Batterie­anwendungen werden daher Silizium-Elektroden aus Nanopartikeln getestet, die die Ausdehnung besser verkraften.

Die Volumen­ausdehnung stellt aber auch für die dünnen Schutzschichten auf den Elektroden ein Problem dar. Die Filme entstehen, weil in den elektro­chemischen Zellen der Akkus während des Ladens und Entladens chemische Reaktionen stattfinden: Bei starken elektrischen Spannungen zersetzt sich die elektrisch leitfähige Elektrolyt-Flüssigkeit zwischen den beiden Elektroden, die aus lithium­haltigen Salzen und einem organischen Lösungsmittel besteht. Die Zersetzungsprodukte bilden auf der negativen Elektrode eine feste, dünne, komplex aufgebaute Schicht, die wie ein Türsteher wirkt: Sie trennt die Elektrolyt-Flüssigkeit von dem reaktiven Elektroden­material, lässt aber Lithium-Ionen durch.

Dieser Film ist entscheidend für Lebensdauer und Leistung eines Akkus. Doch bislang weiß man nur wenig über die Entstehung solcher Beläge, da es schwierig ist, ihr Wachstum direkt zu beobachten. Bei Silizium-Elektroden führt die starke Volumen­änderung dazu, dass die Filme schon beim ersten Ladezyklus reißen und in der Folge unter Verbrauch der Elektrolyt-Flüssigkeit immer wieder neu gebildet werden. Wittstock, dos Santos Sardinha und zwei Kollegen von der Uni Graz gelang es, die Filmbildung beim allerersten Ladezyklus zu beobachten. „Wenn man eine Elektrode erst nach mehreren Ladezyklen analysiert, ist der ursprüngliche Film bereits stark verändert, weil sich die Elektrode schon mehrfach ausgedehnt und wieder zusammen­gezogen hat“, erläutert Wittstock.

Das Team verlangsamte den Ladevorgang durch ein spezielles Programm. Die Forscher verwendeten eine unbenutzte Elektrode aus kristallinem Silizium und untersuchten die Filmbildung mit der elektro­chemischen Raster­mikroskopie. Dieses Verfahren verwendet eine Mikro­elektrode, um die Silizium-Oberfläche Stück für Stück abzufahren. Die Messwerte werden in eine Farbskala übersetzt und zu einem Bild zusammen­gesetzt. Diese Bilder verrieten den Forschern, wo sich bereits ein Film befand und wo nicht. „Wir haben im Prinzip Schnapp­schüsse der Oberfläche während der Filmbildung machen können“, sagt Wittstock. Die Ergebnisse der Studie ermöglichen es Forschern nun, die Filmbildung auf Silizium-Elektroden systematisch zu untersuchen und anschließend zu optimieren.

U. Oldenburg / RK

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