07.07.2021

Chaotisches Terrain auf dem Mars

Vulkanisch-tektonische Prozesse als Ursache der ungewöhnlichen Topologie.

Gebiete wie diese gibt es auf der Erde nicht: Sie sind durchzogen von Kratern, Rissen, Kämmen, Tälern, großen und kleinen eckigen Blöcken. Daher auch der Name „chaotisches Terrain“. Wie diese eigen­tümlichen Regionen auf dem Mars entstanden sind, darüber wird in der Fachwelt seit langem diskutiert. Wasser, entweder flüssig oder als Eis, habe dabei eine zentrale Rolle gespielt, so die gängige Theorie. Eine neue Studie, die unter Leitung von Erica Luzzi, Doktorandin an der Jacobs University in Bremen, erstellt wurde, legt nun eine andere Entstehungs­ursache nahe: vulkanisch-tektonische Prozesse.

Abb.: Ansicht eines chaotischen Terrains auf dem Mars. (Bild: E. Luzzi, Murray...
Abb.: Ansicht eines chaotischen Terrains auf dem Mars. (Bild: E. Luzzi, Murray Lab)

Auf dem Mars existiert chaotisches Terrain in verschiedenen Regionen. Es erreicht Durchmesser von 20 bis über 700 Kilometer, besteht vielfach aus kantigen Blöcken, die mehrere hundert Meter hoch sein können und weist eine ganz charak­teristische Geometrie auf. Entstanden ist das Gebiet, so die am meisten ver­breitete These, vor 3,7 bis 2,9 Milliarden Jahren indem unter der Oberfläche befindliche Eis­reservoirs durch Wärme plötzlich schmolzen und große Mengen an Wasser freisetzten. Nach Abfluss des Wassers kollabierte demnach die Oberfläche über den neu entstandenen Hohlräumen, die Landschaft stürzte in sich zusammen. „Wenn Wasser tat­sächlich die dominierende Rolle bei der Entstehung gespielt hatte, dann hätten wir in jedem chaotischen Terrain mehr Beweise für sein Vorhan­densein vor oder während des Kollaps finden müssen. In einigen chao­tischen Terrains fehlen jedoch wässrige Morpho­logien und Mineralien oder sie datieren auf die Zeit nach dem Kollaps“, sagt Erica Luzzi.

Die Wissen­schaftlerin stellte eine Verbindung her zu ganz ähnlichen Oberflächen­strukturen auf dem Mond. Dabei geht es um Krater, die durch magmatische Prozesse entstanden sind und später durch Bodenbruch kollabierten. Im Labor des National Research Council of Italy stellte Erica Luzzi die Bedingungen auf dem Mars und den Mond nach. Sie repro­duzierte einen Prozess, der den Kollaps einer vulkanischen Caldera beschreibt. Die an dem Experiment beteiligten Wissen­schaftler bauten analoge Magma­kammern, denen mehrfach Poly­glyzerin zugefügt und wieder entzogen wurden. Die Ergebnisse waren eindeutig: „Wir haben die gleichen charak­teristischen Brüche erzeugt, wie sie für chaotische Terrains typisch sind.“

Es ist das erste Mal, dass die Entstehung dieser Marsregion in einem analogen Experiment nachempfunden wurde. „Wir schließen nicht aus, dass Wasser bei der Bildung des chao­tischen Terrains eine Rolle gespielt hat“, sagt Luzzi. „Unsere Hypothese ist, dass dies in einem späteren Stadium geschah als bislang ange­nommen und dass eine intensive magma­tische Aktivität ursächlich für das chaotische Terrain war.“

Jacobs U. / JOL

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