15.02.2019

Blitze aus der Blase

Implodierende Blasen senden extrem kurze Lichtblitze aus. Was ist die Ursache für diese Sonolumineszenz?

Bereits 1935 wurde entdeckt, dass Ultraschall in Flüssigkeiten Lichtblitze erzeugen kann. Das Licht stammt aus implodierenden Blasen. Bis heute sind die Effekte, die zu dieser Sonolumineszenz führen, nicht vollständig geklärt. Mit Untersuchungen des emittierten Spektrums und Hochgeschwindigkeitsaufnahmen versucht man, immer mehr Details zu verstehen.

Abb.: Besonders helle Sonolumineszenz erhält man für Xenon in konzentrierter...
Abb.: Besonders helle Sonolumineszenz erhält man für Xenon in konzentrierter Schwefelsäure (hier gezeigt) oder in Phosphorsäure. Gibt man ein Natriumsalz hinzu, können orangerote Bereiche entstehen. (Bild: A. Thiemann)

Schon bald nach der Entwicklung leistungsfähiger Quellen für Ultraschall vor etwa hundert Jahren zeigte sich, dass man vielfältige unerwartete Effekte mit den neuen Schallsendern erzielen konnte. Dazu zählte ein exotisches Phänomen, das Herrmann Frenzel, damals Oberarzt der HalsNasenOhrenKlinik der Universität Köln, zusammen mit seinem Mitarbeiter H. Schultes 1934 entdeckte: die Sonolumineszenz. Hierbei handelt es sich um die Entstehung von Licht in mit Ultraschall erregten Flüssigkeiten. Für die zunächst recht erstaunliche Lichtemission in Form von kurzen Blitzen ist die Kavitation verantwortlich: Blasen, die sich im Ultraschallfeld bilden und deren Volumen im wechselnden Schalldruck expandiert und schrumpft.

Durch die Nichtlinearität der Blasenschwingungen kann es dabei zu einer sehr raschen Volumenverkleinerung der Blasen kommen – eine Implosion. Dieser Blasenkollaps führt zu einer extremen Energiefokussierung; die Energiedichten von Ultraschallfeld und komprimierter Blase unterscheiden sich um einen Faktor bis 1012! Entsprechend extrem sind die Zustände im Blaseninneren: Druckwerte im Kilobarbereich und Temperaturen von einigen Tausend Grad sind nicht ungewöhnlich.

In der Tat gehen auch weitere überraschende Effekte des Ultraschalls in Flüssigkeiten auf den heftigen Kollaps von Kavitationsblasen zurück. So werden durch die enorme Beschleunigung der Blasenwand am Umkehrpunkt akustische Stoßwellen von der Blase ausgesandt, die benachbarte Materialien schädigen. Dies ist der Hintergrund der schon länger bekannten Erosion härtester Oberflächen durch Kavitation in Strömungen, ein Problem bei Schiffspropellern, Wasserturbinen und Pumpen. Aber auch die Wirkung von Reinigungsbädern, die mit Ultraschall betrieben werden und zum Beispiel bei Optikern zu finden sind, basiert zum Teil auf den Stoßwellen. Beim Kollaps treten ebenfalls große Scherkräfte in der Strömung an den Blasen auf, wodurch unter anderem Zellen und Kleinstlebewesen zerrissen werden können. Anwendungen finden sich bei Emulgierung oder Zellaufschluss in UltraschallDesintegratoren.

Schauen wir das Innere einer kollabierenden Kavitationsblase näher an, so befindet sich dort zunächst normalerweise ein Gemisch aus dem Dampf der Flüssigkeit und anderen, in der Flüssigkeit gelösten Gasen, zum Beispiel Stickstoff, Sauerstoff und Argon aus der Luft. Der Kollaps bewirkt eine derart schnelle Verdichtung des Gasraumes, dass kaum Zeit für den Abfluss der erzeugten Wärme bleibt. Wer schon einmal versucht hat, eine verschlossene Luftpumpe rasch zusammenzuschieben, kennt die dabei auftretende Erwärmung. Allerdings kann man das Volumen in der Luftpumpe von Hand mit Mühe auf ein Viertel verringern. Bei den zusammenfallenden Blasen findet man hingegen eine Reduzierung des Ruhevolumens auf vielleicht 1/100 bis 1/1000 – und das in einigen Mikrosekunden!

Bei idealer adiabatischer Kompression des Gases, also ohne Energiefluss nach außen, ergeben sich schnell die eingangs erwähnten Drücke und Temperaturen. Eine genauere Betrachtung zeigt zwar, dass gewisse Verluste entstehen: durch Wärmeleitung, Viskosität der Flüssigkeit, Schallabstrahlung sowie unter Umständen Dissoziation und elektronische Anregung der Moleküle oder Atome –  also chemische Reaktionen. Dennoch kommt es kurzzeitig zu extremen Temperaturen, und oft eben auch zur Lichtemission, der Sonolumineszenz.

Der hoch komprimierte Zustand der Blasen dauert allerdings nur einen sehr kurzen Moment. Noch kürzer ist der Zeitraum, in dem das Licht entsteht – als Blitzdauer wurden Werte bis unter einer Milliardstel Sekunde bestimmt. Anschließend expandiert das Gas wieder und kühlt ab. Schwingt die Blase periodisch zwischen Kollaps und Expansion, kann jeder Zyklus zu einer strahlenden Implosion führen. Trotzdem ist die Gesamtintensität des Leuchtens meistens sehr schwach und nur mit gut adaptiertem Auge oder technischen Hilfsmitteln wahrnehmbar.

Was im Innern einer implodierenden Blase genau passiert und was darin aufblitzt, erfahren Sie in dem Originalartikel, der in der aktuellen Ausgabe von Physik in unserer Zeit erschienen ist. Sie finden ihn hier zum freien Download

Originalveröffentlichung

Mettin, R., Cairos, C., Leuchtende Blasen, Phys. Unserer Zeit 50(1), 38 (2019); https://doi.org/10.1002/piuz.201901522

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