29.10.2021

Bewegte Hologramme in Echtzeit

Elektrisch schaltbare Nanoantennen als Grundlage für holographische Videotechnologie.

Bewegte Hologramme, gar in Echtzeit, mit Daten aus einem Hoch­geschwin­dig­keits-Internet, gibt es bisher nicht. Der begrenzende Faktor dafür ist die Auflösung der Displays: Holo­graphische Bilder erfordern eine Auflösung von 50.000 dpi – hundert Mal mehr als die besten Smartphone-Displays derzeit leisten. Für eine solche Auflösung müsste man die Pixel­größe auf einen halben Mikro­meter verkleinern. Das ist jedoch nicht möglich, da die Ansteuerung der Graustufen zwischen schwarz und weiß über die Spannung bei so schmalen Pixeln mit den üblichen Flüssig­kristallen nicht mehr funktioniert.

Abb.: Künst­le­rische Dar­stel­lung einer elek­trisch schalt­baren...
Abb.: Künst­le­rische Dar­stel­lung einer elek­trisch schalt­baren plas­mo­ni­schen Nano­an­tenne aus metal­li­schem Poly­mer. Bild: J. Karst, U. Stuttgart)

Forscher der Uni Stuttgart haben diese funda­mentale Barriere in einer inter­diszi­plinären Zusammen­arbeit zwischen Physik und Chemie jetzt erstmals durch­brochen und einen komplett neuen Ansatz für holo­graphische Displays eingeführt. Sie haben dazu elektrisch schalt­bare, nur wenige hundert Nanometer große metallische Nano­antennen auf Basis von leit­fähigen Polymeren entwickelt.

Schon seit einigen Jahren kann man mit Nano­antennen Meta­ober­flächen erzeugen, die beim Betrachten den Eindruck eines drei­dimen­sionalen Hologramms hervor­riefen. Die dabei verwendeten Nano­antennen bestehen jedoch aus einem Metall wie Gold oder Aluminium und sind daher nicht wie Flüssig­kristalle umschaltbar.

Nach mehrjähriger Suche identi­fi­zierte das Team um Harald Giessen und Sabine Ludwigs elektrisch leitende Kunststoffe als umschalt­bare Kandidaten. Die Gruppe von Ludwigs ist spezialisiert auf die Entwicklung und das elektro­chemische Schalten von leit­fähigen Funktions­polymeren. Giessens Team wiederum entwickelte einen Prozess, der es ermöglichte, aus diesen metal­lischen Polymeren winzige Nano­antennen herzu­stellen.

Das Besondere daran: Bei Spannungen zwischen plus und minus einem Volt in einem Elektro­lyten schalten die optischen Eigen­schaften des Materials zwischen metallisch reflek­tierend und glasartig durch­sichtig hin und her, und das mit Videoraten von dreißig Hertz. Die Nano­antennen sind weniger als vier­hundert Nanometer groß und nur wenige zehn Nanometer dick, erfüllen jedoch trotzdem dieselben Aufgaben wie die viel größeren und dickeren Flüssig­kristalle. Damit erreichen sie bereits jetzt die geforderten 50.000 dpi.

Die Forscher formten aus diesen Nano­antennen ein einfaches Hologramm, das bei Anlegen einer schwachen elek­trischen Spannung einen infra­roten Laser­strahl um zehn Grad zur Seite ablenkte. Momentan arbeitet das Team daran, diese Ablenkung variabel zu machen. Zudem arbeiten die Forscher am Hologramm einer optischen Linse, die mittels einer Spannung von einem Volt ein- und ausge­schaltet werden kann. Diese Technik wird wichtig sein, um in Smartphone-Kameras oder optischen Sensoren auf Knopfdruck eine andere Abbildung einzu­stellen, zum Beispiel, um in ein Bild hinein­zu­zoomen.

In Zukunft wollen Giessen und sein Team jeden einzelnen Pixel gezielt ansteuern, um die Hologramme nach Belieben ändern und umschalten zu können. Auch müssen die optischen Eigen­schaften vom nahen infra­roten Spektral­bereich ins sicht­bare Spektrum geschoben werden, was gezielte Forschungen zusammen mit Chemikern und Material­wissen­schaftlern erfordert. Zusammen mit der Elektro­technik sowie dem Maschinen­bau sollen dann erstmals integrierte elektrisch schaltbare optische Displays und die ersten beweg­lichen Miniatur­holo­gramme für AR/VR-Brillen her­ge­stellt werden.

U. Stuttgart / RK

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