20.11.2020 • PhotonikNanophysik

Atomar scharfes Licht

Erstmals exakte Form von Lichtwellen mit atomarer Präzision gemessen.

Während elektronische Bauelemente in wenigen Jahren die physi­ka­lischen Grenzen ihrer Leistungs­fähig­keit erreicht haben dürften, nimmt die Rolle von Licht als Informa­tions­träger immer weiter zu. Ein großer Durch­bruch dabei wäre, atomar kleine Schalt­kreise für Licht zu bauen, die um ein Viel­faches schneller als herkömm­liche Elektronik betrieben werden könnten. Um das zu realisieren, muss aller­dings die Inter­aktion zwischen Licht und Materie auf atomaren Längen­skalen verstanden werden. Doch während heut­zutage die Anordnung von Atomen routinem­äßig abgebildet werden kann, gibt das Verhalten von Licht in atomaren Dimensionen in vielerlei Hinsicht Rätsel auf. Dies gilt insbesondere für das zeitliche Verhalten von Licht als Welle auf diesen extrem kleinen Längen­skalen, bei denen die bekannten Gesetze der klassischen Physik ihre Gültig­keit verlieren und die Gesetze der Quanten­physik dominieren.

Abb.: Künstlerische Dar­stel­lung des experi­men­tellen Auf­baus zur...
Abb.: Künstlerische Dar­stel­lung des experi­men­tellen Auf­baus zur Messung von Licht­dynamik auf atomaren Skalen. (Bild: L. Z. Kastner, U. Regens­burg)

Ein internationales Forscherteam hat jetzt eine bahn­brechende Methode entwickelt, um die Dynamik von Licht auf so kleinen Skalen mit einer zeit­lichen Auflösung zu erfassen, die schneller als eine einzige Licht­schwingung ist. Den Schlüssel zu diesem Durch­bruch bildet ein einziges Detektor­molekül, das Verände­rungen in den lokalen elektro­magne­tischen Feldern nachweist und präzise kalibriert werden kann.

Das Team platzierte das Molekül Magnesium­phthalo­cyanin in einem Spalt von 0,9 Nano­metern zwischen einer ultra­scharfen Wolfram­spitze und einer Ober­fläche in einem Raster­tunnel­mikroskop. Das Detektor­molekül wirkt dann als moleku­larer Schalter, der bei einer bestimmten lokalen Feld­stärke aktiviert wird und dadurch seine Lage auf dem Unter­grund ändert. Dadurch variiert wiederum der Strom, der zwischen Spitze und Ober­fläche fließt. Durch Messung des Stroms können die Schalt­vorgänge experi­mentell aufge­zeichnet werden.

Mit dieser Methode gelang es den Forschern erst­mals, atomare elektro­magnetische Felder quantitativ und zeit­auf­gelöst zu messen. Die Zeitauflösung erreichten sie durch Licht­impulse, deren lokale Felder sie so abstimmten, dass der molekulare Schalter zu verschiedenen Zeiten mit unter­schied­licher Wahr­schein­lich­keit aktiviert wird. Indem die Wissen­schaftler den gemessenen Strom mit der Schalt­wahr­schein­lich­keit in Beziehung setzten, konnten sie die zeit­ab­hängigen Werte der lokalen elektro­magne­tischen Felder extra­hieren und so den atomaren Licht­wellen auf der unvor­stellbar kurzen Zeit­skala von Femto­sekunden beim Schwingen zusehen.

Für ein besseres Verständnis und zur Bestätigung der getroffenen Hypothesen der experi­men­tellen Technik, führten die Forscher Quanten­dynamik-Simula­tionen auf atomarer Ebene durch. Dabei gelang es, die Auswirkungen eines externen Licht­feldes auf den Quanten­zustand der Elektronen des Moleküls und den daraus resul­tie­renden Tunnel­strom, der das Schalten des Sonden­moleküls bewirkt, zu simulieren. Die Simula­tionen belegten die den Experi­menten zugrunde liegenden Annahmen und unter­mauern die Inter­pre­tation der experi­men­tellen Ergebnisse. Darüber hinaus verschaffen die Anima­tionen des elektrischen Potenzials im Mikroskop Klarheit über den Ursprung der lokalen elektro­magne­tischen Felder in der gewählten Ober­flächen-Spitzen-Anordnung, welche wiederum verant­wort­lich für die gemessenen Tunnel­ströme sind.

Bisher war der Zugang zur Dynamik von Licht auf mole­ku­laren Skalen nur indirekt möglich: durch Beobach­tung seiner zeitlich gemittelten Wirkung auf Materie. Die neue Entdeckung zeigt einen neu­artigen Weg zur Beobachtung von Licht-Materie-Wechsel­wirkungen in Raum und Zeit auf, in einem Regime, in dem die lokale Quanten­dynamik die Eigen­schaften des Lichts bestimmt. Darüber hinaus legt die Studie den Grund­stein für maß­ge­schneiderte Licht­impulse auf kleinsten Skalen, die das Forschungs­gebiet der Nano­techno­logie revolu­tio­nieren könnten. So erhofft man sich, mit diesen Erkennt­nissen Anwendungen von bild­gebenden Verfahren über zukünftige licht­wellen­ge­triebene Nano­elektronik voran­zu­treiben oder die Nutzung von Solar­energie zu optimieren.

U. Regensburg / RK

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