15.08.2023 • Relativitätstheorie

Äquivalenzprinzip mit hoher Genauigkeit bestätigt

Lasermessungen des Abstands zwischen Mond und Erde zeigen Gleichheit von schwerer und anziehender Masse.

Eine der grundlegendsten Annahmen der fundamentalen Physik besagt, dass die verschiedenen Eigenschaften von Masse – Schwere, Trägheit und Anziehungskraft – im Verhältnis zueinander immer gleich bleiben. Wäre diese Äquivalenz nicht gegeben, würde das der Einstein’schen Relativitäts­theorie widersprechen. Obwohl alle bisherigen Messungen das Äquivalenz­prinzip bestätigen, müsste es aus quanten­theoretischer Sicht eigentlich eine Verletzung geben. Diese Unverein­bar­keit zwischen der Einstein’schen Gravitations­physik und der modernen Quantentheorie ist der Grund, warum immer genauere Tests des Äquivalenz­prinzips einen hohen Stellenwert haben.

Abb.: Mithilfe von Laser­strahlen haben Forscher den Abstand Erde-Mond genau...
Abb.: Mithilfe von Laser­strahlen haben Forscher den Abstand Erde-Mond genau ver­messen, um die Äqui­valenz von schwerer und an­zie­hender Masse zu über­prüfen. (Bild: AEOS Medialab / ESA)

Einem Team des Zentrums für angewandte Raumfahrt­technologie und Mikro­gravitation ZARM der Uni Bremen ist es jetzt zusammen mit dem Institut für Erdmessung der Leibniz-Universität Hannover gelungen, mit hundertfacher verbesserter Genauigkeit nachzuweisen, dass schwere und anziehende Masse immer gleich sind, unabhängig von der speziellen Zusammen­setzung der jeweiligen Massen.

Die träge Masse widersetzt sich der Beschleunigung, die schwere Masse reagiert auf die Gravitation und sorgt auf der Erde für unser Gewicht. Die anziehende Masse bezieht sich auf die Anziehungs­kraft, die ein Körper ausübt, genauer gesagt die Größe seines Gravitationsfelds. Für die Allgemeine Relativitäts­theorie ist die Äquivalenz dieser Eigenschaften von grundlegender Bedeutung. Daher wird sowohl die Gleichheit von träger und schwerer Masse als auch die Gleichheit von schwerer und anziehender Masse mit immer höherer Genauigkeit getestet.

Würde man hypothetisch davon ausgehen, dass schwere und anziehende Masse nicht gleich wären – ihr Verhältnis also vom Material abhängt – würden sich Objekte, die aus verschiedenen Materialien mit unter­schied­lichen Massen­mittel­punkten bestehen, selbst beschleunigen. Da der Mond aus einer Aluminium­hülle und einem Eisenkern besteht, deren Massen­mittel­punkte gegen­ein­ander versetzt sind, müsste sich dann eine Beschleunigung des Mondes ergeben.

Diese hypothetische Geschwindigkeits­änderung könnte man dank des „Lunar Laser Ranging“ mit hoher Genauigkeit ausmessen. Dabei werden Laser von der Erde auf die Spiegel ausgerichtet, die von den Apollo-Missionen und dem sowjetischen Luna-Programm auf dem Mond platziert wurden. Seitdem werden die Laufzeiten der Laserstrahlen aufgezeichnet. Das Forschungsteam konnte nun die Daten des „Lunar Laser Ranging“ von über fünfzig Jahren, von 1970 bis 2022, analysieren und auf solche Massen­ungleichheits-Effekte untersuchen. Da kein Effekt zu finden war, bedeutet dies, dass die schwere und anziehende Masse bis auf etwa 14 Nachkomma­stellen gleich sind. Das ist eine um zwei Größen­ordnungen bessere Abschätzung gegenüber der bisher besten Untersuchung von 1986.

Über diese neuesten Forschungs­ergebnisse zur Gleichheit der schweren und anziehenden Masse hinaus war das ZARM auch wesentlich an verbesserten Resultaten zu Gleichheit der trägen und schweren Masse beteiligt. Damit hat das Forschungs­institut an der Universität Bremen bei allen Experimenten zum Äquivalenz­prinzip maßgeblich dazu beigetragen, die Präzision der Ergebnisse erheblich zu verbessern.

ZARM / RK

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