22.01.2024

Paul Feyerabend (1924 – 1994)

Zum 100. Geburtstag und 30. Todestag des österreichischen Philosophen und Wissenschaftstheoretiker Paul Feyerabend

Alexander Pawlak

Das Studium führte den österreichischen Philosoph und Wissenschaftstheoretiker Paul Feyerabend erst von den Theaterwissenschaften über die Physik zur Philosophie. Seinen ursprünglichen Plan, Opernsänger zu werden, hatte er aufgrund einer Verletzung aus Kriegszeiten aufgegeben.

Ab Mitte der 1950er-Jahre befasste er intensiv mit philosophischen Fragen der Physik, insbesondere der Quantenmechanik, bevor er sich in der Auseinandersetzung mit den Theorien von Karl Popper und Thomas S. Kuhn mehr und mehr einem „philosophischen Anarchismus“ zuwandte.

Diese zunehmend provokante Ausrichtung entstand nicht zuletzt aus der intensiven Diskussion mit dem ungarischen Mathematiker und Wissenschaftstheoretiker Imre Lakatos (1922 – 1974), mit dem Feyerabend auch eine Freundschaft verband. Ursprünglich hatten beide vorgehabt, ein gemeinsames Buch unter dem Titel „For and against method“ zu schreiben. Doch Lakatos starb unerwartet am 2. Februar 1974. In diesem Jahr gibt es somit nicht nur den 100. Geburtstag (13.1.) und 30. Todestag (11.2.) zu würdigen, sondern auch den 50. Todestag von Imre Lakatos.

Feyerabend stellte seinen Teil des Buches als Pläydoyer „Wider den Methodenzwang“ 1976 fertig und überarbeitete das Buch 1983. Feyer­abend erweist sich hier wie in seinem unkonventionellen öffentlichen Auftreten als Querdenker im besten Sinne des Wortes. Er stellt einer vermeintlich stets vernunftmäßigen und methodisch strengen Wissenschaft einen „heiteren Anarchismus“ als menschenfreundlichere Alternative gegenüber. Das lädt noch heute zu Lektüre und kritischer Auseinandersetzung ein.

Die Vorlesungen von Imre Lakatos über die wissenschaftliche Methode und sein Briefwechsel mit Feyerabend erschienen 1999 in einem Band, der den Austausch der beiden befreundeten Philosophen über ihre gegensätzlichen Positionen dokumentiert.

Neu erschienen ist der Text einer Vorlesung, die Paul Feyerabend im Jahr 1985 an der ETH Zürich gehalten hat. Darin vertritt er die These, dass wir viele Probleme der modernen Welt besser verstehen, wenn wir sie auf historische Wurzeln in der Geisteswelt der griechischen Antike zurückführen. Feyerabend hat in den Vorlesungen alle Register seiner unterhaltsamen Vortragsweise gezogen und leistet sich in betont antiprofessoraler Attitüde viele anektdotische Abschweifungen. Das lässt sich natürlich nicht ohne Verluste in gedruckten Text übertragen.

Aber der umfangreiche Band bietet eine weitere Möglichkeit, Feyerabends Kritik am abendländischen Rationalismus nachzuspüren. Seinen Publikum schärft er selbstkritisch ein: „Sie können und sollen mich immer unterbrechen, wenn Sie sich danach fühlen. Und was ich noch sagen möchte: Bei der Diskussion sollte eigentlich jeder, der teilnimmt, darunter auch ich, Abstand zu seinen Gefühlen halten. Das gelingt mir nicht immer. Ich stürze mich da ins Kampfgetümmel wie ein Wilder.“

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