Ein Vierteljahrhundert nach der Entdeckung des Top-Quarks am Tevatron-Beschleuniger des Fermilab öffnet der Large Hadron Collider am CERN die Tür zu einem neuen Bereich der Teilchenphysik. Entsprach der Weg zur Entdeckung noch der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen, produziert der LHC heute Top-Quarks millionenfach. Die damit erreichbare Genauigkeit erlaubt nicht nur detaillierte Tests des Standardmodells der Teilchenphysik, sondern kann auch den Weg zu seinen möglichen Erweiterungen weisen.
Das Top-Quark spielt im Standardmodell der Teilchenphysik eine besondere Rolle. In den 1970er-Jahren zeigte sich, dass Fermionen (Teilchen mit halbzahligem intrinsischen Drehimpuls) in Familien auftreten, von denen jede aus zwei Quarks, einem geladenen Lepton und einem Neutrino besteht. Diese Familien unterscheiden sich nur durch die Massen der enthaltenen Fermionen. Anfangs waren nur zwei Familien bekannt: Zur ersten Familie gehören u- und d-Quark, Elektron und Elektron-Neutrino, zur zweiten c- und s-Quark, Myon und Myon-Neutrino. Die Entdeckung des τ-Leptons 1975 und des b-Quarks 1977 lieferten jedoch Hinweise auf eine dritte, schwerere Familie. Zu diesem Zeitpunkt fehlte ihr zugehöriges Neutrino sowie ein zweites Quark, das Top-Quark. Obwohl das Standardmodell außer der Masse alle Teilchen-Eigenschaften vorhersagt, führten die intensiven Suchen erst nach fast zwanzig Jahren zum Nachweis des Top-Quarks. Seine für subatomare Verhältnisse riesige Masse – es ist fast 35-mal schwerer als ein b-Quark und damit fast so schwer wie ein Goldatom – macht das Top-Quark einzigartig und stellte die damaligen Experimente vor große Herausforderungen. (...)