21.06.2022

Zweimal Atto prüft besser

Attosekunden-Pump-Attosekunden-Probe-Experiment bei nichtlinearen Multiphotonen-Prozessen demonstriert.

Ein internationales Team von Wissenschaftlern des Max-Born-Instituts in Berlin, des University College London und ELI-ALPS in Szeged, Ungarn, hat ein neuartiges Atto­sekunden-Pump-Atto­sekunden-Probe-Experiment zur Untersuchung von nichtlinearen Multi­photonen-Prozessen demonstriert. Die Messungen liefern Einblicke in einen der fundamentalsten Prozesse der nicht­linearen Optik.

Abb.: Zwei intensive Atto­sekunden­puls­züge in künstlerischer Darstellung...
Abb.: Zwei intensive Atto­sekunden­puls­züge in künstlerischer Darstellung (Bild: B. Major / MBI)

Pump-Probe-Spektroskopie auf einer Femtosekunden-Zeitskala hat das Verständnis von extrem schnellen Prozessen revolutioniert. Die Dissoziation eines Moleküls kann zum Beispiel durch einen Femto­sekunden-Laserpuls initiiert und dann mithilfe eines zeitlich verzögerten Femto­sekunden-Probepulses in Echtzeit beobachtet werden. Der Probepuls fragt dabei den sich ändernden Zustand des Moleküls bei unterschiedlichen zeitlichen Verzögerungen ab. Dies ermöglicht es, einen Film der molekularen Dissoziation aufzunehmen. Diese leistungs­fähige Technik wurde 1999 mit dem Nobelpreis in Chemie ausgezeichnet.

Einige Prozesse in der Natur sind jedoch noch schneller und spielen sich auf einer Attosekunden-Skala ab. Es wäre daher ideal, einen ultra­schnellen Prozess mit einem Attosekunden-Pumppuls zu initiieren und das System dann mit einem Attosekunden-Probepuls abzufragen. Bisher wurde Attosekunden-Pump-Attosekunden-Probe-Spektroskopie für relativ einfache Prozesse gezeigt, in denen zwei Photonen absorbiert wurden. Da Atto­sekunden-Pump-Atto­sekunden-Probe-Spektroskopie jedoch sehr schwierig ist, wurden die meisten Experimente in der Atto­sekunden-Wissenschaft mit nur einem Attosekunden-Puls sowie einem Femtosekunden-Puls durchgeführt.

Die Wissenschaftler konnten nun ein Pump-Probe-Experiment demonstrieren, in dem komplexe Multi­photonen-Prozesse mithilfe zweier Attosekunden-Pulszüge untersucht wurden. Dieses Experiment erforderte die Erzeugung sehr intensiver Attosekunden-Pulse, für das ein großes Lasersystem benutzt wurde. Daher haben die Wissenschaftler das Experiment im größten Labor des Max-Born-Instituts durchgeführt. Zudem mussten die beiden Attosekunden-Pulse mit einer hohen zeitlichen Stabilität im Attosekunden-Bereich sowie einer hohen räumlichen Stabilität im Nanometer-Bereich überlappt werden. Dies erklärt, warum diese Experimente so herausfordernd sind.

Eine künstlerische Darstellung des Experiments ist in der Abbildung gezeigt, wo zwei Attosekunden-Pulszüge mit einem Argon-Atom wechselwirken. Nach der Absorption von vier Photonen kommt es zu der Freisetzung von drei Elektronen aus dem Atom. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, wie genau diese Photonen absorbiert werden. Um im Detail herauszufinden, wie die Elektronen freigesetzt wurden, haben die Forscher die zeitliche Verzögerung zwischen den beiden Attosekunden-Pulsen variiert und beobachtet, wie viele Ionen jeweils erzeugt werden.

Wie sich ergab, war die Zahl der doppelt geladenen Argon-Ionen fast unabhängig von der zeitlichen Verzögerung zwischen den Atto­sekunden-Pulsen. Im Gegensatz dazu zeigt die Zahl der dreifach geladenen Argon-Ionen ausgeprägte Oszillationen. Mithilfe dieser Messungen konnten die Wissenschaftler schlussfolgern, dass die Multi­photonen-Ionisation in drei Stufen erfolgt: In jeder der ersten beiden Stufen wird jeweils ein einzelnes Photon absorbiert, wohingegen in der dritten Stufe zwei Photonen gleichzeitig absorbiert werden. Diese Ergebnisse konnten mithilfe von Computer­simulationen, die am University College London und bei ELI-ALPS durchgeführt wurden, bestätigt werden.

Die hier entwickelte experimentelle Technik könnte in Zukunft dafür eingesetzt werden, komplexe Prozesse nicht nur in Atomen, sondern auch in Molekülen, Festkörpern und Nanostrukturen zu untersuchen. Eine aufregende Frage, die die Forscher damit hoffen, beantworten zu können, besteht darin, wie mehrere Elektronen miteinander wechselwirken. Dies könnte dabei helfen, die fundamentalsten Prozesse auf den kürzesten Zeitskalen besser zu verstehen.

MBI / DE

 

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