18.02.2021

Zerstörungsfrei Nanostrukturen beobachten

Neues Verfahren der Kohärenztomographie nutzt extrem-ultraviolettes Licht.

Immer leistungsfähigere Mikroskope ermöglichen heute Einblicke in Zellen und Gewebe von Lebewesen, in die Welt der Mikroorganismen ebenso wie in die unbelebte Natur. Doch auch die besten Mikroskope haben ihre Grenzen. „Um Strukturen und Prozesse bis auf nanoskalige Ebene und darunter beobachten zu können, brauchen wir neue Methoden und Technologien“, sagt Silvio Fuchs vom Institut für Optik und Quanten­elektronik der Universität Jena. Das gelte insbesondere für technologische Bereiche wie die Material­forschung oder die Daten­verarbeitung. „Elektronische Bauteile, Computer­chips oder Schalt­kreise werden heute immer kleiner“, so Fuchs weiter. Gemeinsam mit Kollegen hat er jetzt eine Methode weiter­entwickelt, die es ermöglicht, solche winzigen, komplexen Strukturen abzubilden und zu untersuchen und dabei sogar zerstörungs­frei in diese hineinsehen zu können. Nun stellen die Forscher ihre Methode – die Kohärenz­tomographie mit extrem-ultra­violettem Licht (kurz XCT) – vor und zeigen ihr Potenzial für Forschung und Anwendung auf. 
 

Abb.: Gerhard Paulus, Felix Wiesner und Silvio Fuchs (v. l.) in einem...
Abb.: Gerhard Paulus, Felix Wiesner und Silvio Fuchs (v. l.) in einem Laserlabor der Universität Jena.(Bild: J. Meyer, FSU)

Ausgangspunkt für das Bildgebungs­verfahren ist die optische Kohärenz­tomographie (OCT), wie sie seit einigen Jahren in der Augen­medizin etabliert ist, erläutert Doktorand Felix Wiesner, der Erstautor der vorgelegten Studie. „Diese Geräte sind entwickelt worden, um die Netzhaut im Auge nicht­invasiv Schicht für Schicht untersuchen zu können und so drei­dimensionale Abbildungen zu erstellen.“ Beim OCT beim Augenarzt wird die Netzhaut mit infrarotem Licht beleuchtet. Die Strahlung ist dabei so gewählt, dass sie vom zu untersuchenden Gewebe nicht zu stark absorbiert und an den inneren Strukturen reflektiert werden kann.

Die Jenaer Physiker nutzen für ihre OCT statt langwelligem Infrarot- aber extrem kurzwelliges UV-Licht. „Das liegt an der Größe der Strukturen, die wir abbilden wollen“, sagt Felix Wiesner. Um in Halbleitermaterialien mit Strukturgrößen von wenigen Nanometern hineinschauen zu können, braucht es Licht mit einer Wellenlänge von ebenfalls nur wenigen Nanometern. 

Solch extrem kurzwelliges UV-Licht (XUV) zu erzeugen, war bislang eine Herausforderung und fast ausschließlich in Groß­forschungs­anlagen möglich. Die Jenaer Physiker erzeugen breit­bandiges XUV aber in einem gewöhnlichen Labor und nutzen dafür hohe Harmonische. Dabei handelt es sich um Strahlung, die durch Wechselwirkung von Laserlicht mit einem Medium entsteht und ein Vielfaches der Frequenz des ursprünglichen Lichtes aufweist. Je höher die Harmonischen-Ordnung, um so kürzer die resultierende Wellenlänge. „Wir erzeugen so mit infraroten Lasern Licht mit einer Wellenlänge zwischen zehn bis achtzig Nanometern“, erklärt Gerhard Paulus. „Wie das eingestrahlte Laserlicht ist auch das resultierende breitbandige XUV-Licht kohärent, hat also laser­artige Eigenschaften“, macht der Professor für nicht­lineare Optik der Uni Jena deutlich. 

In der nun veröffentlichten Arbeit haben die Physiker nanoskopische Schicht­strukturen in Silizium mit der kohärenten XUV-Strahlung beleuchtet und das reflektierte Licht analysiert. Die Silizium­proben enthielten in unterschiedlicher Tiefe dünne Schichten anderer Metalle wie Titan oder Silber. Da diese Materialien andere Reflexions­eigenschaften aufweisen als das Silizium, lassen sich diese in der reflektierten Strahlung nachweisen.

Die Methode ist dabei so empfindlich, dass damit nicht nur nanometer­genau die Tiefen­struktur der winzigen Proben abgebildet werden kann, sondern – über das unterschiedliche Reflexions­verhalten – sich auch die chemische Zusammensetzung der Proben exakt und vor allem zerstörungsfrei bestimmen lässt. „Das macht eine Anwendung der Kohärenz­tomographie zur Inspektion von Halbleitern, Solarzellen oder mehrschichtigen optischen Bauelementen interessant“, unterstreicht Paulus. Sie ließe sich zur Qualitäts­kontrolle im Herstellungs­prozess solcher Nano­materialien einsetzen, um interne Defekte oder chemische Verunreinigungen aufzuspüren. 

FSU / DE
 

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