30.11.2022

Wie Leuchtzentren erlöschen

Abklingen eines lichtleitenden System aus Halbleiternanodrähten zeigt überraschende Dynamik.

Ein Team der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat eine neue Kamera, die ultraschnelle Prozesse zeit­aufgelöst misst, an der Röntgen-Nanosonde „ID16B“ des europäischen Synchrotrons ESRF in Grenoble (Frankreich) installiert. Mit ihr konnten die Forscher nun erstmals messen, wie das Licht eines Leucht­zentrums in einem Nanodraht nach dessen Anregung durch einen Röntgen­puls abklingt. Diese Grund­lagen­forschung eröffnet Potenziale, Nanodrähte mit Leucht­zentren als Wellenleiter in der Quanten­kommunikation einzusetzen.

 

Abb.: Christian T. Plass von der Universität Jena betrachtet eine Probe, die...
Abb.: Christian T. Plass von der Universität Jena betrachtet eine Probe, die mit einem Ionenbeschleuniger der Universität hergestellt wurde. (Bild: J. Meyer / U. Jena)

Eine Möglichkeit, die Effizienz der Quantentechnologie zu verbessern, ist es, die Bauteile kleiner zu machen als bisher. Daher hat die Forschung an Leucht­zentren in Halbleitern für Quanten­technologien enorm an Bedeutung gewonnen. Solche Systeme können sowohl als kleinste Rechen- und Informationseinheit eines Quanten­computers genutzt werden als auch als Einzel­photonen­quelle. Bestehen diese Systeme aus Nanostrukturen, ist eine Kopplung zu optischen Schaltkreisen auf einem Chip denkbar, um damit auch Quanten­kommunikation auf kleinstem Maßstab zu realisieren.

Ein winziges lichtleitendes System aus Halbleiternanodrähten, das auch in der Quanten­kommunikation eingesetzt werden könnte, haben Forscher der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit einem Ionenbeschleuniger modifiziert. Diese Drähte wurden so verändert, dass sie Fremdatome als Leuchtzentren enthalten. In Grenoble konnte nun erstmals gemessen werden, wie das Schimmern von nur 10.000 Leucht­zentren abklingt, nachdem die Nanodrähte mit einem Röntgenpuls angeregt worden sind.

Die Messungen des Teams belegen, dass ein neuer Zerfallsmechanismus mit einer schnelleren Abklingzeit gefunden wurde. „Wir haben der optischen Lumineszenzdetektion eine weitere Dimension hinzugefügt: die Zeit", betont Christian Plass, Doktorand an der Universität Jena und Erstautor der aktuellen Veröffentlichung. Im Wesentlichen regten die Forscher das System mit einem Puls des neuen ESRF-Hochleistungs-Synchrotrons an. Das Material sendete Licht aus und sie konnten verfolgen, wie das Licht mit der Zeit abklang und welche Farbe es zu einem bestimmten Zeitpunkt hatte, indem sie die durch Nanoröntgen­strahlen angeregte optische Lumineszenz nutzten.

Möglich wurden die Ergebnisse aufgrund der Kombination des intensiven Synchrotron­strahls des ESRF, des Einsatzes des Strahlrohrs ID16B und der neuen Streak-Kamera, die das Team der Friedrich-Schiller-Universität dort im Jahr 2021 installiert hat. Die Kamera, deren Implementierung vom Bundes­forschungs­ministerium (BMBF) finanziert wurde, ergänzt den bestehenden Aufbau der optischen Lumineszenz­detektion. „Der Erfolg dieses Projekts ist der äußerst reibungslosen Zusammen­arbeit zwischen den Teams zu verdanken, und zwar nicht nur zwischen den Wissenschaftlern, sondern auch zwischen den Software­entwicklern bei der ESRF", fügt der leitende Jenaer Forscher und Koautor Carsten Ronning hinzu. Denn damit die Kamera überhaupt in diesem Versuchs­aufbau funktionierte, musste eine äußerst komplexe Software entwickelt werden.

„Die Ergebnisse dieser ersten Studie sind zwar zunächst vor allem von grundlegender Bedeutung, könnten aber zu weiteren Studien über künftige Anwendungen in der Quanten­kommunikation führen – zum Beispiel über die Verwendung von Nano­drähten als Wellenleiter für Licht, wie dies heute bei Glasfasern der Fall ist“, nennt Ronning weitere Forschungsansätze.

U. Jena / DE

 

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