19.08.2019

Wie KI Spektralaufnahmen auswertet

Neue Forschungsgruppe in Jena soll schnellere Diagnoseverfahren entwickeln.

Das Leibniz-Institut für Photonische Tech­nologien in Jena IPHT setzt künftig verstärkt auf die Erforschung künst­licher Intelligenz und lernender Systeme. Die neu gegründete Forschungs­abteilung „Photonic Data Science“ unter der Leitung von Thomas Bocklitz konzentriert sich ab diesen Monat auf die Auswertung von Bild- und Spektral­aufnahmen mit chemo­metrischen Methoden und maschinellen Lern­methoden. KI-Technologien bilden die Grundlage für zahlreiche am Leibniz-IPHT erforschte schnelle Diagnose­verfahren auf dem Gebiet der optischen Gesundheits­technologien. 

Abb.: Thomas Bocklitz leitet die neue Forschungs­abteilung „Photonic Data...
Abb.: Thomas Bocklitz leitet die neue Forschungs­abteilung „Photonic Data Science“ am IPHT. (Bild: IPHT)

Welches Antibiotikum braucht die Patientin mit der lebens­bedrohlichen Infektion? Hat der Chirurg bei der Operation den gesamten Tumor entfernt? Und was für Pollen fliegen gerade durch die Luft? Um dies herauszufinden, kombinieren Forscher am Leibniz-IPHT optische Methoden mit künst­licher Intelligenz und lernenden Systemen. KI steckt etwa hinter dem kompakten Mikroskop Medicars für eine schnelle Krebsdiagnostik während einer Operation. Hier werden Muster und molekulare Details einer mit Laserlicht bestrahlten Gewebeprobe automatisch ausgewertet und in klassische Bilder der Standard-Diagnostik übersetzt. So werden Tumorränder sichtbar, und das Chirurgen­team kann entscheiden, wie viel Gewebe weg­geschnitten werden muss

„Dazu trainieren wir KI-Algorithmen zusammen mit Pathologen“, sagt Leiter Thomas Bocklitz, der mit seiner Abteilung Photonic Data Science computer­gestützte Verfahren erforscht, um bio­medizinische Informationen aus optischen Messdaten zu gewinnen. „Wir nehmen Multimodal­bilder einer Gewebeprobe mit unserem laserbasierten Multimodal­mikroskop auf. In der Pathologie wird der Gewebeschnitt dann eingebettet, gefärbt und ein Bild des HE-gefärbten Gewebeschnitts gemacht (HE = Hämatoxylin-Eosin). Auf diesem kann der Pathologe Tumor­gewebe erkennen. Dann legen wir das Multi­modal- und das HE-Bild nebeneinander.“

Ausgehend von der Analyse der Gewebestruktur- und -morphologie durch den Pathologen bringt das Forscherteam dem Algo­rithmus bei, welches Gewebe gesund und welches krank ist. „So lernt der Algorithmus in diesem überwachten Ansatz sukzessive, gesunde und kranke Bereiche zu unterscheiden.“ Mit Erfolg: Die Genauigkeit der Vorher­sagen liegt nach Tests an einer kleinen Gruppe von Patienten bei mehr als neunzig Prozent.

Neben der Vorbe­handlung von Datensätzen, um einen Trainings­datensatz für die KI-basierte Auswertung von Bild- und Spektral­aufnahmen aufzubauen – etwa indem fehlerhafte Sequenzen ausgesondert werden, arbeitet die Forschungs­abteilung daran, eine Daten­infrastruktur für das gesamte Institut zu schaffen. „Wir wollen eine Datenbank aufbauen, in der wir alle Daten zusammenführen, die Forscher hier generieren“, so Bocklitz. Mit dieser Verknüpfung könnten Wissen­schaftler nicht nur von der Forschung anderer profitieren. Es werde auch verhindert, dass Experi­mente, die nicht funktioniert haben und deshalb nicht publiziert wurden, immer wieder wiederholt werden. „Damit wird die Daten­infrastruktur eine zentrale Grundlage für unsere Forschung und für weitere KI-Anwendungen.“

IPHT / JOL

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