10.01.2023 • Geophysik

Wie die Erde abkühlte

Isotopen-Verhältnisse von Sauerstoff hängen stärker vom Erkalten der festen Erde als von den Temperaturen des Meerwassers.

Vor Millionen von Jahren waren die Ozeane auf der Erde doch nicht heiß, wie oft angenommen, sondern eher mäßig warm. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsteam der Uni Göttingen und des Geoforschungszentrums Potsdam. Die Wissenschaftler analysierten etwa 550 Millionen Jahre alte chemische Sedimentgesteine, Cherts genannt, die sich aus Meerwasser und Resten von Siliziumdioxid abscheidenden Organismen bilden. Anhand dieser Zeitkapseln zeigte das Team, dass die Sauerstoff-Isotopenverhältnisse durch das Erkalten der festen Erde bestimmt werden und weniger von den Temperaturen des Meerwassers abhängen.

Abb.: Der berechnete Effekt des Wärmeflusses für Sauerstoff­isotope in...
Abb.: Der berechnete Effekt des Wärmeflusses für Sauerstoff­isotope in Cherts bedeutet, dass die leichten Archaischen Cherts für ein gemäßigtes bis warmes Klima auf der frühen Erde sprechen – heiße Archaische Ozeane scheinen sehr unwahr­scheinlich. (Bild: M. Tatzel, U. Göttingen)

Wie kann es sein, dass Archaische Cherts – zwischen 3,85 und 2,5 Milliarden Jahre alt – am leichten Sauerstoffisotop stark angereichert sind? Welche Informationen zeichnen diese wertvollen Zeitkapseln über die Geschichte unserer Erde überhaupt auf? Um diesem Jahrzehnte alten Rätsel der nachzugehen, untersuchte das Forschungsteam Gesteinsproben aus Südost-China, die dokumentieren, dass nach der Ablagerung von Sedimentschlamm die amorphen Vorstufen von Chert in hunderten Metern Tiefe unter der Erdoberfläche nochmals umkristallisieren und dabei die Temperaturen in der Tiefe aufgezeichnet werden. Diese Erkenntnis brachte das Team auf die Idee, dass Sauerstoff-Isotopenverhältnisse vom Wärmefluss aus dem Erdinneren abhängen könnten – ein ganz neuer Blickwinkel auf das alte Rätsel.

„Unsere Berechnungen zeigen, dass bei höherem Wärmefluss die Isotopenverhältnisse kleiner werden, weil die Rekristallisation dann bei höheren Temperaturen stattfindet“, sagt Michael Tatzel von der Uni Göttingen. Gleichzeitig wird Meerwasser unter diesen Bedingungen an Sauerstoff-16 angereichert. Das Rätsel um isotopisch leichte Archaische Cherts löst sich somit durch den etwa doppelt so hohen Wärmefluss auf der frühen Erde. „Cherts sind offenbar keine guten Archive für Meerwassertemperaturen in der Vergangenheit. Unsere Erkenntnisse bedeuten, dass wir Sauerstoffisotope in Cherts ganz neu denken müssen“, so Tatzel.

„Unsere Erkenntnis über den Wärmefluss-Effekt ermöglicht akkurate Rekonstruktionen von Meerwassertemperaturen in tiefer geologischer Zeit“, sagt Patrick Frings vom GFZ Potsdam. „Darüber hinaus werden wir die thermische Struktur und tektonische Geschichte alter Sedimentbecken entschlüsseln können.“ Der berechnete Effekt des Wärmeflusses für Sauerstoffisotope in Cherts bedeutet auch, dass die leichten Archaischen Cherts für ein gemäßigtes bis warmes Klima auf der frühen Erde sprechen – heiße Archaische Ozeane scheinen sehr unwahrscheinlich. Diese Schlussfolgerung ist zentral für das Verständnis über die Entwicklung von Leben auf der jungen Erde.

U. Göttingen / RK

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