22.10.2021 • Energie

Wie Batterien in Zukunft gefertigt werden

Zentrum für digitalisierte Batteriezellenproduktion entwickelt effiziente und sichere Prozesse.

Die Batterie in Elektroautos soll kompakt und möglichst leistungs­stark sein – und vor allem sicher. Das stellt große Anforderungen an die Produktion. Wie die in Zukunft aussehen könnte, zeigen Forschende vom Fraunhofer-Institut für Produktions­technik und Automatisierung IPA im Zentrum für Digitalisierte Batteriezellen­produktion (ZDB). Die Pilotanlage in Stuttgart ist auf zylindrische Zellformate ausgelegt.

Abb.: Assemblierung von Batterie­zellen mit einem intelligenten...
Abb.: Assemblierung von Batterie­zellen mit einem intelligenten Werkstück­träger für die digi­talisierte Produktion. (Bild: R. Bez, Fh.-IPA)

Die Elektroden einer Batterie bestehen aus hauchdünnen beschichteten Folien, die zusammen mit einem Separator zu einem Wickel aufgerollt werden. Schon ein kleiner Defekt oder ein Staubkorn, das ins Innere gelangt, kann die Leistungs­fähigkeit erheblich schwächen oder gar zu einem Kurzschluss und damit zu einem Brand führen. Am Fraunhofer IPA entstand daher ein Labor mit besonderen Rein- und Trockenraum­bedingungen. Es ist mit einer Anlagen­technik ausgestattet, die eine vollständige Montage von Batterie­zellen ermöglicht. Das Besondere daran ist die Digi­talisierung und Vernetzung aller Prozess­schritte. Damit steht den Forschern eine europaweit einzigartige Fertigungs­linie zur Verfügung, mit der sie sowohl potenzielle Zell­hersteller als auch Maschinen- und Anlagenbauer bei der Entwicklung und Automatisierung von Prozessen sowie der Optimierung der Montage hinsichtlich Zuver­lässigkeit und Durchsatz unterstützen können. Das Spektrum reicht dabei von der Analyse und Untersuchung kritischer Prozess­schritte über die Anwendung digitaler Werkzeuge bis hin zum Proto­typenbau.

Rund ein Dutzend Arbeits­schritte sind nötig, bis eine Zelle einsatzbereit ist und jeder dieser Schritte ist entscheidend für deren Qualität und für die des gesamten Batterie­systems. Am Anfang steht die Beschichtung der positiven und negativen Elektrode, die anschließend zusammen mit einem Separator zu einem Wickel, der „Jelly Roll“, aufgerollt werden. Dann folgt der Zusammenbau, die Assem­blierung. Dazu muss die Jelly Roll hochpräzise und möglichst ohne Berührung der Becherwand geführt werden. Anschließend wird über eine durch das mittige Loch des Wickels eingeführte Stab­elektrode der Wickel mit dem Becherboden verschweißt. Um zu verhindern, dass sich der Wickel verschiebt oder löst, wird an einer definierten Stelle eine in der Form und Tiefe bestimmte Sicke einge­arbeitet, eine ringförmige Vertiefung.

Der dann folgende Arbeitsschritt, das Einfüllen des flüssigen Elektrolyts, ist besonders heikel und erfordert eine Umgebung ohne Sauerstoff und mit möglichst geringer Feuchtigkeit. Die notwendigen Geräte stehen deshalb in einer hermetisch abge­schlossenen Box. „Bei dem unter Argon-Atmosphäre ablaufenden Prozess muss eine definierte Menge des flüssigen Elektrolyts hochpräzise und ohne über­zulaufen eingefüllt werden, weil das Einfluss auf die Leistungs­fähigkeit und Lebens­dauer der Zelle hat“, sagt Matthias Burgard. Das ist umso schwieriger, als die Flüssigkeit nur langsam einsickert, weil die Porenräume eng sind. Schließlich wird noch ein Deckelelement mit definierter Fügekraft eingelegt, das durch ein Umformen der Becherkante fixiert wird und damit die Zelle verschließt. Durch die angestrebte Zuver­lässigkeit der Prozesse sollte sich an der Außenseite kein sicherheits­kritisches Elektrolyt befinden, trotzdem wird die montierte Zelle vor der Fertigstellung noch gereinigt. Abschließend erfolgt noch die Umhüllung mit einem Schutz­schlauch und das Beschriften.

Um den Ausschuss zu minimieren und die Qualität zu erhöhen, haben Forscher um Florian Maier und Ozan Yesilyurt den gesamten Produktions­prozess digitalisiert und vernetzt. Dafür sammeln zahlreiche Sensoren an allen Geräten Daten, die in Echtzeit in der Cloud zusammenlaufen. Traceability-Techno­logien ermöglichen es, dass die gesammelten Daten den produzierten Batterie­zellen zugeordnet werden können. Der Clou: Jede einzelne Batteriezelle, die hergestellt wird, steht als digitaler Zwilling für Daten­analysen und das Trainieren einer künstlichen Intelligenz bereit. So lässt sich zurück­verfolgen, unter welchen Bedingungen sie gefertigt wurde und wie sie in Relation zur erreichten Produkt­qualität steht.

Forscherinnen wie Soumya Singh orchestrieren diese Daten und nutzen sie zur Entwicklung von Services mit Überwachungs-, Analyse- und Vorhersage­fähigkeiten. Damit wird es möglich, den Produktions­ablauf immer weiter zu optimieren und Fehlerquellen schneller als bisher zu beseitigen. Darüber hinaus helfen die in der Produktion erhobenen Daten auch dabei bessere Vorhersage­modelle für das Alterungs­verhalten der Batterie­zellen bei der Nutzung zu erarbeiten, weitere Einsatzmöglichkeiten für gebrauchte Batterie­zellen zu bewerten und die Effizienz von Recycling­verfahren zu verbessern. 

Fh.-IPA / JOL

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