07.03.2023 • FluiddynamikGeophysik

Waben in der Wüste

Konvektion von salzhaltigem Wasser erzeugt sechseckige Muster.

Wie aus einer anderen Welt wirken die waben­förmigen Muster, die oft in Salzwüsten vorkommen. Warum sich diese Strukturen bilden, war bislang unbekannt. Vermutet wurde, dass die Salzkruste der Wüste austrocknet und sich Risse bilden, aus denen die Sechsecke wachsen. Ein anderer Ansatz erklärt die Musterbildung damit, dass die Salzkruste kontinu­ierlich wächst und sich aus Platzmangel aufwölbt und so die Muster formt. Keine dieser beiden Erklärungen kann jedoch die immer gleich­bleibende Größe – ein bis zwei Meter – und wabenförmige Struktur begründen. Ein inter­nationales Team erklärt nun erstmals, wie die Strukturen entstehen.

Abb.: Faszinierende Formen der Natur: Neue Forschungs­ergeb­nisse...
Abb.: Faszinierende Formen der Natur: Neue Forschungs­ergeb­nisse er­klären, wie die Waben­muster in Salz­wüsten ent­stehen. (Bild: S. Marino)

Das Team um Jana Lasser von der TU Graz und dem MPI für Dynamik und Selbst­organisation kam zu dem Ergebnis, dass Konvektion, also die Zirkulation von salzhaltigem Wasser im Untergrund zu den waben­förmigen Salzmustern führt. Auch die immer gleiche Größe der Waben von ein bis zwei Metern und die Geschwindig­keit, mit der die Muster wachsen, lässt sich damit erklären.

Um das Rätsel zu lösen, haben die Forscher die Fachgebiete der Fluidd­ynamik aus der Physik sowie der Geomorpho­logie aus den Geowissen­schaften kombiniert und das Phänomen aus mehreren Richtungen untersucht. Sie haben in Labor­experimenten beobachtet, wie sich salz­haltiges Wasser in sandigen Böden bewegt und in zwei Feldstudien in Kalifornien die Muster in der Natur beobachtet. Dabei sammelten sie auch Proben und zeigten, dass die Strömungen im Untergrund mit den an der Oberfläche sichtbaren Mustern zusammen­hängen.

Darüber hinaus analysierten die Wissen­schaftler die Größe der Muster unter verschiedenen Bedingungen mit Hilfe numerischer Simulationen. „Unsere Simulationen ergeben zusammen mit den Feldstudien ein konsistentes Bild“, berichtet Marcel Ernst vom MPI für Dynamik und Selbst­organisation. „Der treibende Mechanismus für die Muster­bildung ist das durch Konvektion ausgelöste Aufsteigen und Absinken von salzigem Wasser im Boden unter der Salzkruste.“

Die Salzwüsten, in denen die Waben auftreten, sind nämlich keineswegs knochen­trocken. Im Gegenteil: Das stark salzhaltige Grundwasser reicht oft bis direkt unter die Salzkruste. Wenn das Wasser dann in der heißen Sommersonne verdunstet, bleibt das Salz zurück. Dadurch wird das Grundwasser direkt unter der Oberfläche salzhaltiger und damit schwerer als das frischere, darunter­liegende Wasser. Über­schreitet dieser Unterschied im Salzgehalt eine gewisse Schwelle, fängt das salzigere Wasser nahe der Oberfläche an, nach unten zu sinken, während von unten frischeres Wasser aufsteigt.

Ähnlich wie warmes und kaltes Wasser, das durch Konvektion in Heizkörpern zirkuliert, bilden sich im Untergrund Konvektions­rollen von salzigem und weniger salzigem Wasser. Eine einzelne Konvektions­rolle würde sich dabei kreisförmig ausbilden, da die Rolle dann ein möglichst großes Volumen umschließt, während ihr Umfang minimiert wird. Mehrere Konvektions­rollen neben­ein­ander im Boden werden allerdings in ein sechseckiges, waben­förmiges Muster gepresst. An den Rändern der Sechsecke sinkt dabei sehr salzhaltiges Wasser nach unten. An Stellen mit besonders hohem Salzgehalt kristal­lisiert auch vermehrt Salz an der Oberfläche aus. Die entstehende Kruste bildet mit der Zeit die erhöhten Buckel und Kanten aus, die das waben­förmige Salzmuster ergeben.

Ein besseres Verständnis der Topographie von Salzwüsten hilft bei der Vorhersage, wie viel mineral­haltiger Staub sich von den Oberflächen der Salzwüsten löst und in die Atmosphäre gewirbelt wird. Dieser Staub spielt eine Rolle bei der Bildung von Wolken und beim Transport von Mineralien in die Ozeane.

MPG / RK

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