06.08.2020

Vom Tröpfchen zum Thrombozyten

Physikalischer Mechanismus bei der Bildung von 100 Milliarden Blutplättchen pro Tag entdeckt.

Blut­plättchen, auch Thrombo­zyten genannt, sind lebenswichtige Zellen mit einem Durchmesser zwischen 1,5 und drei Mikrometern. Sie haben die Aufgabe, Verletzungen der Blutgefäße möglichst schnell wieder abzu­dichten. Ständig patrouil­lieren sie durch die Blutbahn, um sofort auf undichte Stellen reagieren zu können. Damit die hierfür erforder­liche hohe Zahl von Blutplättchen jederzeit zur Verfügung steht, reichen die biologischen Fähigkeiten des Organismus alleine nicht aus. Er benötigt die Unter­stützung durch einen besonders effizienten physikalischen Mechanismus. Diesen Mechanismus hat jetzt ein Bayreuther Forschungsteam um Stephan Gekle zusammen mit Partnern am Universitäts­klinikum Würzburg entdeckt.

Abb.: Aus einer lang­gestreckten finger­förmigen Zelle bilden sich im...
Abb.: Aus einer lang­gestreckten finger­förmigen Zelle bilden sich im Blutfluss einzelne Tröpfchen. Jedes Tröpfchen entwickelt sich zu einem Blut­plättchen. (Bild: C. Bächer, UBT)

Die Blut­plättchen entstehen in den Blutgefäßen aus speziellen Zellen, die im Knochenmark lokalisiert sind und von dort dünne finger­artige Strukturen in die Blutbahn ausstrecken. Danach verhält es sich ähnlich wie bei einem Wasserhahn: So wie ein dünner Wasserstrahl durch die Oberflächen­spannung in einzelne Tröpfchen zerfällt, so zerbrechen die finger­artigen Strukturen in einzelne Tröpfchen. Aus jedem dieser Tröpfchen entsteht dann ein neues Blut­plättchen. „Mit Computer­simulationen ist es möglich, diese Prozesse detailgenau nachzu­vollziehen und sichtbar zu machen. Diese Grundlagen­forschung hat für die Medizin einen praktischen Nutzwert – insbesondere wenn es um die Optimierung von Bio­reaktoren geht, die heute für die künstliche Herstellung von Thrombozyten verwendet werden“, sagt Gekle, der an der Universität Bayreuth an der Simulation und Model­lierung von Biofluiden arbeitet.

Das Interesse für biologisch-medizinische Fragen, verbunden mit großskaligen Computer­simulationen, hat in der Bayreuther Physik Tradition. Christian Bächer, Doktorand und Absolvent des Bayreuther Studien­programms „Biological Physics“, ist seit seinem Bachelor-Studium in Bayreuth davon begeistert, wie modernste IT-Technik physi­kalische und biologische Forschung verknüpft. „Es ist immer wieder faszinierend, wie auf den ersten Blick unglaublich kompli­ziert scheinende Vorgänge in Lebewesen oft aufgrund einfacher physi­kalischer Prinzipien verstanden werden können“, sagt Bächer.

U. Bayreuth / JOL

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