28.01.2019

Vermittler zwischen Natur- und Geisteswissenschaften

Zum Tod des Germanisten, Wissenschaftsmanagers und DPG-Ehrenmitglieds Wolfgang Frühwald.

Am 18. Januar verstarb Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Frühwald im Alter von 83 Jahren, der erste und bislang einzige Träger der Gustav-Magnus-Medaille – einer Sonderform der DPG-Ehrenmitgliedschaft. Damit würdigte die DPG den Literaturwissenschaftler Frühwald 2016 als Vermittler zwischen den Natur- und Geisteswissenschaften sowie für seine überzeugende Argumentation für die Rolle der Physik als Leitdisziplin der Naturwissenschaften.

Wolfgang Frühwald (1935 – 2019) mit der Büste Alexander von...
Wolfgang Frühwald (1935 – 2019) mit der Büste Alexander von Humboldts (Foto: Humboldt-Stiftung / Eric Lichtenscheidt)

Die Deutsche Physikalische Gesellschaft zeichnete Frühwald mit der Gustav-Magnus-Medaille insbesondere als Wissenschaftskommunikator aus, der sich „stets um ein tiefes Verständnis anderer wissenschaftlicher Disziplinen bemüht habe, insbesondere der Physik”. Diese Offenheit nicht zuletzt gegenüber den Naturwissenschaften prägten sowohl Frühwalds Forschungen als auch sein wissenschaftspolitisches Engagement.

So betonte Frühwald im Rahmen seines Festvortrags „Zum Bild des Physikers in der Literatur“, den er am 26. März 2003 im Rahmen der DPG-Frühjahrstagung in Dresden gehalten hatte: „Die Verantwortungsfrage, ... ob es erlaubt ist, durch Wissenschaft die Fortexistenz der Menschheit in Frage zu stellen, wird auch in Zukunft an der Physik, als der Mutter aller Naturwissenschaften, ... abgehandelt werden.“

Wolfgang Frühwald war nach Studium, Promotion und Habilitation in München zunächst Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Trier-Kaiserslautern, von 1974 bis 2003 hielt er den Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literatur an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seine Forschungsschwerpunkte lagen unter anderem auf der deutschsprachigen Mystik des Mittelalters und der Literatur in Klassik und Romantik, aber auch auf der modernen Wissenschaftsgeschichte.

Von 1992 bis 1997 war Frühwald Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und 1999 bis 2007 Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung. In diesen Funktionen setzte er sich auch für mehr Transparenz und Öffentlichkeit der Forschung ein. Seit 2002 war Frühwald Mitglied der Leopoldina in der Sektion Kulturwissenschaften.

In die Zeit von Frühwalds DFG-Präsidentschaft fiel der Start der 1994 erstmals ausgeschriebenen Großgeräteinitiative, die nicht zuletzt für die physikalische Forschung von weitreichender Bedeutung war. Ein persönlich besonderes Anliegen Frühwalds war schließlich die von ihm eingeleitete Auseinandersetzung mit der Geschichte und Rolle der DFG im Nationalsozialismus.

Frühwald war der erste Geisteswissenschaftler als Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung. Unter seiner Präsidentschaft wurden wichtige und wegweisende neue Programme eingeführt. Dazu zählt etwa der Sofja Kovalevskaja-Preis, der jungen Talenten aus dem Ausland in einer frühen Phase ihrer Karriere einzigartige Forschungskonditionen ermöglicht und ihnen großes Vertrauen und Verantwortung schenkt.

Frühwald erhielt zahlreiche Ehrungen, darunter 2010 das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. „Wolfgang Frühwald wird uns allen als weitsichtiger Vordenker und tatkräftiger Gestalter in Erinnerung bleiben“, würdigte ihn Hans-Christian Pape, der seit 2018 Präsident der Humboldt-Stiftung ist.

Alexander Pawlak / Leopoldina / DFG / Humboldt-Stiftung / DPG

 

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