28.01.2021 • BiophysikMagnetismus

Venusfliegenfalle erzeugt magnetische Felder

Atommagnetometer registriert biomagnetische Signale der fleischfressenden Pflanze.

Vom menschlichen Gehirn wissen wir, dass Spannungs­änderungen in bestimmten Regionen von auf­ein­ander abgestimmten elektrischen Aktivitäten stammen, die als Aktions­potenziale durch die Nerven­zellen wandern. Mit Techniken wie der Elektro­enzephalo­graphie, der Magneto­enzephalo­graphie und der Magnet­resonanz­tomo­graphie können diese Aktivitäten aufge­zeichnet und Störungen nicht­invasiv diagnos­tiziert werden. Wenn Pflanzen stimuliert werden, erzeugen sie ebenfalls elektrische Signale, die analog zum mensch­lichen und tierischen Nerven­system durch ein zelluläres Netzwerk reisen können.

Abb.: Magnetische Messungen an der Venus­fliegen­falle. (Bild: A. Fabricant,...
Abb.: Magnetische Messungen an der Venus­fliegen­falle. (Bild: A. Fabricant, JGU)

Die Venus­fliegen­falle – Dionaea muscipul – ist eine fleisch­fressende Pflanze, die ihre Beute mithilfe von Fang­blättern umschließt. Bei dem Vorgang lösen elektrische Signale – eben die Aktions­potenziale – den Verschluss der Blatt­hälften aus. Jetzt hat ein inter­diszi­plinäres Forschungs­team demonstriert, dass elektrische Aktivität in der Venus­fliegen­falle auch mit magnetischen Signalen verbunden ist. „Damit konnten wir zeigen, dass Aktions­potenziale in einem viel­zelligen Pflanzen­system messbare magnetische Felder produ­zieren, was bislang nicht bestätigt worden war“, so Anne Fabricant von der Uni Mainz.

Die Falle von Dionaea muscipula besteht aus einem zwei­teiligen Fang­blatt mit empfind­lichen Haaren, die bei Berührung ein Aktions­potenzial in der ganzen Falle auslösen. Nach zwei auf­ein­ander­folgenden Stimula­tionen schließt die Falle und das mögliche Beute­insekt wird für die anschließende Verdauung einge­sperrt. Interessanter­weise ist die Falle auf unter­schied­liche Art elektrisch erregbar: Nicht nur mechanische Einwirkung wie Berührung oder Verletzung, sondern auch Osmose, etwa Salzwasser, und thermische Energie wie Hitze oder Kälte können ständig Aktions­potenziale auslösen. In seinen magnetischen Messungen hat das Forscher­team für diese Studie Wärme­stimulation benutzt, um damit beispiels­weise unerwünschte mechanische Geräusche zu vermeiden.

Während Biomagnetismus in Menschen und Tieren relativ gut erforscht ist, war bislang wenig entsprechende Forschungs­arbeit im Pflanzen­reich erfolgt — und das nur mit SQUID-Magneto­metern, ausgesprochen großen Geräten, die auf sehr tiefe Temperaturen gekühlt sind. Um die magnetischen Signale der Venus­fliegen­fallen zu messen, hat das Forschungs­team Atom­magneto­meter verwendet. Als Sensor dient eine Glaszelle, gefüllt mit gasförmigen Alkali­atomen, die kleine Änderungen in der lokalen Magnet­feld­umgebung aufspüren. Diese optisch gepumpten Magneto­meter sind für biolo­gischen Anwendungen attraktiv, weil sie keine kryogenen Temperaturen erfordern und außerdem miniatu­ri­siert werden können.

Die Studie zur Venus­fliegen­falle ermittelte magnetische Signale mit einer Amplitude bis zu 0,5 Pikotesla — millionen­fach schwächer als das Magnetfeld der Erde. „Der Signal­wert, den wir erhalten haben, ist ungefähr so groß wie die Stärke, die man bei Ober­flächen­messungen von Nerven­impulsen bei Tieren beobachtet“, so Fabricant. Die Wissen­schaftler zielen darauf ab, noch kleinere Signale von anderen Pflanzen­arten zu messen. In der Zukunft könnte man solche nicht­invasiven Techno­logien vielleicht dazu nutzen, um den Zustand von Kultur­pflanzen in der Land­wirt­schaft zu diagnos­tizieren, indem man die elektro­magnetische Reaktion auf Stress durch plötzliche Temperatur­änderungen, Schädlinge oder chemische Einflüsse erfasst, ohne die Pflanzen mit Elektroden zu beschädigen.

JGU / RK

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