10.01.2022

Training für Mars und Mond

DLR-Rover Scout auf Übungsfahrt im Outdoor-Testgelände.

Was auf den ersten Blick wie ein über­dimen­sionaler Zen-Garten wirkt, ist eine wissen­schaftliche Anlage: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat ein Outdoor-Testfeld für planetare Rover errichtet. Auf dem Gelände in Ober­pfaffen­hofen präsentiert sich ein „Vulkankrater“ umringt von Feldern mit Kies, großen und kleinen Felsbrocken sowie ein Steilhang mit verschiedenen Unter­gründen. Die Beschaffen­heiten spiegeln die Vulkan- und Höhlen­land­schaft von Mars und auch vom Mond wider. Forscher des DLR-Instituts für System­dynamik und Regelungs­technik haben das neue 630 Quadratmeter große Testfeld im Dezember in Betrieb genommen. Insbesondere der Explorations­roboter „Scout“ wird hier für künftige Missionen vorbereitet.

Abb.: Der Rover Scout im Test­ge­lände. (Bild: DLR; CC BY-NC-ND 3.0).
Abb.: Der Rover Scout im Test­ge­lände. (Bild: DLR; CC BY-NC-ND 3.0).

Auf Mond und Mars werden gewaltige, kilometer­lange Lavahöhlen vermutet, die sich durch vulkanische Aktivitäten gebildet haben. Diese Tunnel- und Höhlen­systeme sind, speziell auf dem Mars, für die Wissenschaft von großer Bedeutung. Denn dort könnten sich Spuren von einstigem oder sogar noch vorhandenem Leben befinden. Für herkömmliche Rover sind die steilen, unwegsamen Kraterwände jedoch nicht zugänglich. Mithilfe von Scout wollen die Wissen­schaftler des DLR diese Lavahöhlen erschließen.

Als irdisches Vorbild für das planetare Testfeld diente der Vulkan Ätna in Italien. Mond und Ätna weisen ähnlich extreme Bedingungen auf. Für den Bau in Ober­pfaffen­hofen nutzte das Scout-Team die Daten einer Ätna-Vermessung. Sie identi­fi­zierten häufig vorkommende Hindernis­typen und berück­sich­tigten die Beschaffen­heit der Materialien, etwa die Dichte und Oberfläche. Speziell die Steigungen passten sie den realen Heraus­forderungen in Lavahöhlen an.

„Unser Testfeld weist Steigungen mit spitzen Winkeln von mehr als dreißig Grad auf, verfügt über loses Gestein, tiefen Sand und zusätzliche Hindernisse. Das geht weit über die Anforde­rungen bisheriger Rover hinaus", erklärt Projektleiter Roy Lichten­heldt vom DLR-Institut für System­dynamik und Regelungs­technik.

Der Scout-Rover startete den Gelände­betrieb mit ersten Fahrten für das vom Robotik- und Mechatronik-Zentrum des DLR koordinierten Helmholtz-Zukunfts­projekt „Autonomous Robotic Networks to Help Modern Societies“. Im Rahmen dieses Projekts werden heterogene, autonome vernetzte robotische Systeme entwickelt, um eine Basis zur Bewältigung gesell­schaft­licher Heraus­forde­rungen zu schaffen. Eine Demonstration der weltraum­basierten Technologien ist für das kommende Jahr 2022 auf dem Ätna geplant – analog zu einer planetaren Exploration. Das neue Testfeld in Ober­pfaffen­hofen wird daher auch zu dieser Vorbereitung genutzt.

Der DLR-Rover ist ein Meter lang, einen halben Meter breit und setzt sich aus drei verformbaren Rücken­elementen zusammen. Wie ein Tausend­füßler krabbelt er Steilhänge hinauf, überwindet Felsbrocken und schaufelt sich mit seinen sechs nach­giebigen Speichen­rädern durch Kies oder sandigen Untergrund. Dabei verfügt er lediglich über einen Motor­antrieb pro Rad. Der Roboter kann sogar kopfüber fahren und überlebt Stürze aus mehr als 1,5 Meter Höhe. Das macht ihn ideal für Explo­ra­tionen auf Mars und Mond. Auf der Erde kann das robuste System bei der Rettung von Verschütteten oder in der Agrar­robotik eingesetzt werden.

Das Team rund um Lichtenheldt setzt bei Scout auf eine möglichst zuverlässige und energie­effiziente sowie eine umwelt- und natur­schonende Fort­bewegung. Am DLR-Institut für System­dynamik und Regelungs­technik nutzen die Forscher jetzt das neue Testfeld, um den Explorations­rover für reale Einsätze zu optimieren und neue Technologien zu erproben.

DLR / RK

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