24.02.2023

Tiefkühl-Elektronik für den Superrechner

Neue Technologie macht Quantencomputer industrietauglich.

Damit Quantencomputer in zukünftigen Anwendungen, wie etwa der künstlichen Intelligenz oder dem maschinellen Lernen, ihr volles Potenzial ausschöpfen können, läuft die Forschung an der dahinter­steckenden Auslese-Elektronik auf Hochtouren. Forscher am Fraunhofer-Institut für Zuverlässig­keit und Mikro­integration arbeiten dafür an nur zehn Mikrometer dünnen supraleitenden Verbindungen und kommen damit der Umsetzung kommerziell nutzbarer Quanten­computer einen großen Schritt näher.

Abb.: Chipaufbau für die Auslese-Elektronik in Quanten­computern. (Bild: V....
Abb.: Chipaufbau für die Auslese-Elektronik in Quanten­computern. (Bild: V. Mai, Fh.-IZM)

Bislang ermöglichten Quanten­computer der ersten beiden Generationen grundlegende Erkenntnisse zu den Funktions­weisen der Geräte. Funktionale Vorreiter, etwa am Forschungs­zentrum Jülich, bringen es im Betrieb aktuell auf beachtliche 5.000 Qubits, also 25.000 potenzielle Zustände für jedes einzelne Quanten­teilchen. Aus diesen ersten Errungen­schaften ergeben sich jedoch auch Hürden: Das komplexe Geflecht sich überlagernder Qubits ist empfindlich, wodurch sich bisweilen Fehler in die Rechnungen einschleichen können. Deshalb muss eine Fehler­korrektur die Lösungen perfektionieren, wofür wiederum das Vielfache der Qubits gebraucht wird, die für die eigentliche Rechnung notwendig waren. So visieren Forscher etwa eine Größen­ordnung von mindestens 100.000 bis zu einer Million Einheiten für ein einziges Gerät an.

Um eine so hohe Qubit-Dichte in einem System zu erzielen, müssen neue integrierte Schaltungen und Leitungen in extremer Miniatu­ri­sierung hergestellt werden. Gleichzeitig müssen diese für Temperaturen von bis zu -273° C gewappnet sein. Denn nur in solchen Umgebungen verlangsamen sich die Gitter­schwingungen in den Festkörpern so weit, dass die Qubits länger verschränkt bleiben und damit leichter manipuliert oder ausgelesen werden können. Damit es nicht zur Eigen­erwärmung durch elektrische Ströme kommt, werden bei tiefen Temperaturen verlustfreie Supraleiter eingesetzt. Für die Entwicklung und den Aufbau genau dieser supraleitenden Umver­drahtungen und das kryogene Packaging ist ein Team um Hermann Oppermann am Fraunhofer-IZM in Berlin verantwortlich.

Für eine effiziente Verbindungs­technik bei Tiefst­temperaturen mithilfe von Lotkontakten, den Bumps, entwickelten die Forschenden eine neue auf Indium basierende Technologie. Das Material ist unterhalb von 3,4 Kelvin supraleitend und erweist sich auch nah des absoluten Nullpunkts als robust. Zur Erzeugung von Elektronik­strukturen aus Indium wird es mithilfe eines speziellen Elektrolyten galvanisch abgeschieden. Hierfür musste das Indium von dem bei diesen Struktur­breiten üblichen Nickelsockel auf einen alternativen Sockel transferiert werden. Das Ersetzen dieser Basis war notwendig, da Nickel durch seine Eigenschaften große Magnetfelder produziert, welche zu Störungen der Qubits führen würden. Mit dem neuen metallischen Übergang entsteht eine verträgliche Startschicht für die anschließende Indium­abscheidung. Diese Prozesse ermöglichen eine weltweit ungeschlagene Miniatu­ri­sierung für kryogene Verbindungen, beträgt doch der Rasterabstand der Leiterbahnen weniger als zehn Mikrometer.

Bemerkenswert ist auch der Aufbau extrem verlustarmer und supraleitender Verbindungen aus Niob und Niobnitrid: Mithilfe einer neu entwickelten Methodik wurden die Niob-Materialien flächig aufgebracht und mit einem Ionenstrahl geätzt. Somit entstehen kompakte kryo­geeignete Verbindungen, die aufgrund ihrer heraus­ragenden Legierung hohe Stromdichten erlauben. Nach dem Aufbau der Indium-Bumps und der supra­leitenden Schaltungs­träger wurden die Elemente in einem kryogenen Messstand bei Temperaturen von bis unter drei Kelvin erfolgreich getestet.

Im Rahmen des InnoPush-Projekts „HALQ – Halbleiter­basiertes Quanten­computing“ wurde gemeinsam mit den Projekt­partnern eine über­greifende Plattform aufgebaut, welche Technologien der Mikro­elektronik für die Anwendung in höchst­skalier­baren Quanten­computern zugänglich macht.

Fh.-IZM / RK

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