Superschneller Lichtschalter für Autos und Computer

Geschickte Nutzung von Plasmonen macht elektrooptomechanische Schalter effektiver.

Selbstfahrende Autos werden immer besser und zuverlässiger. Bevor sie vollkommen autonom unterwegs sein dürfen, sind allerdings noch einige Hürden zu nehmen. Vor allem die blitz­schnelle Erfassung der Umgebung und das Erkennen von Personen und Hinder­nissen bringt heutige Techno­logien an ihre Grenzen. Wissenschaftler um Jürg Leuthold von der ETH Zürich haben gemeinsam mit Kollegen in den USA und in Schweden einen neuartigen elektro­opto­mechanischen Schalter entwickelt, mit dem sich vielleicht in Zukunft beide Probleme elegant lösen lassen.

Abb.: Optisches Netzwerk mit elektrooptomechanischen Schaltern: Je nach...
Abb.: Optisches Netzwerk mit elektrooptomechanischen Schaltern: Je nach Spannung lenken die Schalter einen Lichtstrahl entweder um 90 Grad ab (vorne links) oder lassen ihn ungestört im Wellenleiter passieren (vorne rechts; Bild: C. Haffner et al.)

Das Zaubermittel, das die Forscher dabei verwendeten, heißt Plasmonik. Bei dieser Technik werden Licht­wellen in Strukturen gezwängt, die viel kleiner sind als die Wellen­länge des Lichts – was eigentlich nach den Gesetzen der Optik gar nicht geht. Möglich wird es dadurch, dass man das Licht an der Grenz­fläche zwischen einem Metall und einem Dielektrikum entlang leitet. Die elektro­magnetischen Wellen des Lichts dringen dabei teilweise in das Metall ein und regen dort Elektronen zum Schwingen an, wodurch ein Zwitter­wesen aus Licht­welle und elektro­nischer Anregung entsteht – das Plasmon.

Vor mehr als zehn Jahren wurde bereits prophezeit, dass auf Plasmonen basierende optische Schalter eine Revolution in der Daten­über­tragung und Daten­ver­arbeitung einläuten könnten, da beides mit Photonen viel schneller geht als mit herkömm­licher Elektronik. Bislang scheiterten kommer­zielle Anwendungen aller­dings an den großen Verlusten, die beim Transport von Photonen durch plasmonische Bauteile entstehen, sowie an den hohen benötigten Schalt­spannungen.

„Diese Probleme haben wir nun gelöst, indem wir die guten Eigen­schaften der Plasmonik ausgenutzt und die schlechten minimiert haben“, sagt Christian Haffner von der ETH Zürich. Herzstück des von Haffner und Kollegen entwickelten elektro­opto­mechanischen Schalters ist eine nur vierzig Nanometer dünne und wenige Mikro­meter breite Gold­membran, die durch eine Aluminium­oxid­scheibe von einem Silizium­substrat getrennt ist. Die Größe des Spalts zwischen Gold­membran und Substrat kann dabei durch elektrische Kräfte mechanisch kontrolliert werden. Legt man eine Spannung an, so biegt sich die Membran leicht, und der Spalt wird kleiner.

Die Größe des Spalts entscheidet darüber, ob eine Lichtwelle einfach geradeaus weiter­fliegt oder um die Goldmembran herum abgelenkt wird. Hier kommen die Plasmonen ins Spiel: Für eine bestimmte Spalt­breite lassen sich nur Plasmonen mit einer bestimmten Wellen­länge auf der Gold­membran anregen. Hat das Licht eine andere Wellen­länge, so wird es nicht an die Membran gekoppelt und breitet sich gradlinig im Silizium-​Wellen­leiter aus.

„Dadurch, dass wir Plasmonen nur für das kurze Stück um die Schalt­membran herum benutzen, haben wir wesentlich geringere Verluste als in bisherigen elektro­optischen Schaltern“, erklärt Haffner. „Zudem haben wir die Gold­membran sehr klein und dünn gemacht, so dass wir sehr schnell und mit geringer Spannung schalten können.“ Bereits jetzt konnten die Wissen­schaftler zeigen, dass ihr neuer Schalter mehrere Millionen Mal in der Sekunde ein-​ und ausge­schaltet werden kann, und das mit einer elektrischen Spannung von nur etwas mehr als einem Volt.

Dadurch werden sperrige und strom­fressende Verstärker, wie sie bisher für elektro­optische Schalter üblich waren, über­flüssig. In Zukunft wollen die Forscher ihren Schalter weiter verbessern, indem sie den Spalt zwischen Gold und Silizium noch kleiner machen. Dadurch lassen sich sowohl die Licht­verluste als auch die Steuer­spannung deutlich verringern.

Anwendungspotenzial für den neuen Schalter gibt es reichlich. So könnten etwa LIDAR-​Systeme für selbst­fahrende Autos, bei denen die Intensität und Ausbreitungs­richtung von Licht­strahlen extrem schnell verändert werden muss, von den schnellen und kompakten Schaltern profitieren. Und auch die Muster­erkennung, die für die Steuerung der Autos nötig ist, kann mit solchen Schaltern schneller gemacht werden. Außerdem könnte man die Schalter in optischen neuronalen Netzwerken einsetzen, die dem mensch­lichen Gehirn nach­empfunden sind. Dort würden sie als Gewichtungs­elemente genutzt, mit denen das Netzwerk lernt, bestimmte Objekte zu erkennen.

Solche optischen Umsetzungen von Schalt­kreisen, die normaler­weise mit elektrischem Strom funktionieren, sind auch in anderen Bereichen ein brand­aktuelles Thema. Für die Realisierung von Quanten­techno­logien beispiels­weise werden optische Quanten­schalt­kreise ebenfalls intensiv erforscht. Bislang werden optische Quanten­schalt­kreise von klassischen optischen Schaltern unterstützt.

Diese Schalter beruhen zumeist auf einer Änderung des Brechungs­index eines Materials durch Erhitzen, wodurch die Licht­strahlen verschieden stark abgelenkt werden. Das funktioniert allerdings nur langsam und ist auf lange Sicht unvereinbar mit den niedrigen Temperaturen, bei denen andere Quanten­elemente in der Regel funktionieren, wie etwa die Quanten-​Bits eines Quanten­computers. Ein schneller Schalter, der sich praktisch überhaupt nicht erhitzt, dürfte deshalb auch für solche Anwendungen höchst willkommen sein.

ETH Zürich / RK

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