08.07.2019 • Materialwissenschaften

Superhart und doch metallisch leitfähig

Neuartiges Material mit Hightech-Perspektiven entwickelt.

Die Existenz einer Verbindung, die metallisch leitfähig, superhart und ultra-inkompressibel ist, wurde in der Forschung lange Zeit für unwahrscheinlich gehalten: Diese Eigenschaften könnten nicht gleich­zeitig in demselben Material vorkommen und seien daher inkompatibel. Dieses Vorurteil konnte jetzt ein internationales Forscherteam widerlegen: Das von den Wissen­schaftlern hergestellte neuartige Material Rhenium-Nitrid-Pernitrid erwies sich super­harter metallischer Leiter, der wie ein Diamant extrem hohen Drücken standhält. Damit ist das Material für techno­logische Anwendungen hoch­attraktiv.

Abb.: Die Struktur des Rhenium-Nitrid-Pernitrids, die einzelne Stickstoffatome...
Abb.: Die Struktur des Rhenium-Nitrid-Pernitrids, die einzelne Stickstoffatome (rot) und die Stickstoffhanteln N-N (blau) enthält. Größere Kugeln zeigen Rhenium Atome. (Bild: M. Bykov, U. Bayreuth)

Zunächst haben die Wissenschaftler das Rhenium-Nitrid-Pernitrid bei Hochdruck-Experimenten in einem Labor der Uni Bayreuth synthetisiert und am Deutschen Elektronen-Synchrotron chemisch und strukturell charakte­risiert. Unter einem Kompressionsdruck von vierzig bis neunzig Gigapascal entstanden in einer Diamant­stempel­zelle geringe Mengen des Materials Re₂(N₂)(N)₂. „Die Kristall­struktur, die wir am DESY an der Röntgen­quelle PETRA III entdeckt haben, hat uns sehr über­rascht“, sagt Maxim Bykov von der Uni Bayreuth. „Sie enthält einerseits einzelne Stick­stoff­atome und anderer­seits die Stickstoffhanteln N-N, in denen zwei Stick­stoff­atome besonders eng anein­ander gebunden sind. Dieser innere Aufbau bewirkt offensichtlich eine sehr hohe Wider­stands­fähigkeit gegenüber Drücken, die von außen auf die Kristalle einwirken: Rhenium-Nitrid-Pernitrid ist ultra-inkompressibel.“

An der Uni Bayreuth gelang es anschließend, das neue Material auch in einer Groß­volumen­presse bei einem deutlich geringeren Druck von 33 Gigapascal herzustellen. „Anwendungen der Groß­volumen­pressen-Techno­logie für die Material­synthese sind für die Material­wissen­schaft von großer Bedeutung“, betont Tomoo Katsura von der Uni Bayreuth. Kern des neuen Verfahrens ist eine Reaktion von Rhenium mit Ammoniumazid. Das auf diesem Weg syntheti­sierte Rhenium-Nitrid-Pernitrid kann bei normalen Umgebungs­bedingungen erforscht werden. Das Verfahren lässt sich für die Synthese von weiteren Nitriden anwenden, insbesondere von Nitriden der Übergangs­metalle, die ebenfalls techno­logisch attraktive Eigen­schaften aufweisen können.

Die Forschungsarbeiten zeigen daher exemplarisch, welche innovativen Impulse von der material­wissenschaft­lichen Hochdruck­forschung ausgehen können. „Obwohl der genaue Anwendungs­bereich des neuen Materials derzeit schwer zu definieren ist, ist Rhenium-Nitrid-Pernitrid aufgrund seiner außer­gewöhn­lichen Kombination attraktiver Eigen­schaften ein Material, das dazu beitragen kann, die techno­logischen Heraus­forderungen der Zukunft zu meistern“, sagt Natalia Dubrovinskaia von der Uni Bayreuth.

„Wichtig an unserer neuen Studie sind aber nicht nur die Ergebnisse als solche und die techno­logischen Anwendungen, die sich eines Tages daraus ergeben könnten“, sagt Leonid  Dubrovinsky von der Uni Bayreuth. „Spannend ist vor allem, dass die Entwicklung und Synthese des neuen Materials bisherigen Auffassungen, die in der Material­wissen­schaft fest etabliert waren, zuwiderläuft und sie klar widerlegt. Uns ist etwas gelungen, was früheren Vorher­sagen zufolge gar nicht möglich gewesen wäre. Dies sollte weitere theoretische und experimentelle Arbeiten auf dem Gebiet der Hoch­druck­material­synthese anregen und ermutigen.“

U. Bayreuth / RK

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