29.10.2019

Start mit Crash

Vor 50 Jahren begann das Internetzeitalter mit der Übertragung der ersten Nachricht über das „Arpanet“.

„LO“, diese zwei Buchstaben markierten am 29. Oktober um 10:30 Uhr den Beginn einer neuen Ära, auch wenn das den Beteiligten damals sicher nicht bewusst war. Das Team um den Informatiker Leonard Kleinrock von der University of California in Los Angeles wurde gleich beim ersten Versuch, ein Verbindung zwischen Computern in Los Angeles und dem rund 500 Kilometer entfernten Stanford aufzubauen, mit einem Systemcrash konfrontiert. Doch kurze Zeit später funktionierte dann alles wie geplant.

Dieser Erfolg hat eine erstaunlich lange Vorgeschichte. Erste Visionen für ein System, mit dem sich wissenschaftliche Informationen sammeln, verwalten und verteilen lassen, gehen etwa auf den englischen Schriftsteller H. G. Wells („The World Brain“, 1938) und den amerikanischen Ingenieur Vannevar Bush („memex“, 1945) zurück.

Ein entscheidender Ausgangspunkt war die Gründung der Advanced Research Projects Agency Anfang 1958. Die US-Regierung hatte die ARPA eingerichtet, um weltraumgestützte Militärtechnologien zu entwickeln. Mit der Gründung der NASA Ende Juli 1958 verlor die ARPA jedoch den Weltraum- und Raketen-Forschungssektor und konzentrierte sich auf Computerforschung und andere Hochtechnologien.

Der Mathematiker Joseph Licklider, Leiter der ARPA-Abteilung „Command and Control“, entwickelte ab Anfang der Sechzigerjahre die Vision eines Netzwerks, das Computer und Informationen für jedermann zugänglich macht, ohne allerdings konkrete Vorstellungen zu haben, wie sich dieses aufbauen lassen könnte.

Zu dieser Zeit kam es zu entscheidenden technischen Entwicklungen. Bereits 1958 hatten Forscher an den Bell Laboratories das Modem (Modulator-Demodulator) entwickelt, mit dem sich digitale in analoge Daten und wieder zurück wandeln ließen, um die Telefonleitungen für die Datenübertragung nutzen zu können. 1961 entwickelte der junge Informatiker Leonard Kleinrock die Idee, Daten päckchenweise („packet switching“) zu übertragen, um so den Beschränkungen bei der Übertragungsgeschwindigkeit in den Datenleitungen begegnen zu können. Ein ebenfalls entscheidender Schritt hin zu einem funktionsfähigen Computernetzwerk war die Entwicklung von „Zwischenrechnern“ (Interface Message Processors, IMP), mit denen sich Kompatibilitätsprobleme der verbundenen Großrechner vermeiden ließen.

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Die ARPA gab Anfang 1969 den Startschuss für ein Computernetzwerk aus vier IMPs an den zwei Standorten Los Angeles und Santa Barbara der University of California, dem Stanford Research Institute und der University of Utah. Die Generalprobe am 29. Oktober war denkbar bescheiden. Geplant war, sich von Los Angeles auf dem Rechner in Stanford durch die Eingabe „LOG IN“ einzuloggen, um dort einige kleine Operationen durchzuführen und sich dann wieder auszuloggen. Doch es kamen nur die ersten beiden Buchstaben an, bevor das System abstürzte. Als es nach einer Stunde wieder lief, gelang der Versuch.

Dieser Startschuss markierte die Geburtsstunde des Internets. Das Arpanet wuchs danach stetig weiter und mit ihm die Computer- und Kommunikationstechnik. Ende der 1970er-Jahre kamen weitere, hauptsächlich universitäre Netzwerke hinzu. Bereits 1971 hatte sich die E-Mail als „killer application“ etabliert und die verteilte Nutzung der Computer rückte eher in den Hintergrund.

Erstaunlich lange dauerte es, bis sich das Internet in Deutschland etablierte. Das lag nicht zuletzt an den hohen Kosten infolge des damaligen Postmonopols. 1983 startete das vom Bundesforschungsministerium gestartete Verbundprojekt „Deutsches Forschungsnetz“. Die erste E-Mail-Verbindung baute der Informatiker Werner Zorn von Karlsruhe aus auf und empfing am 3. August 1984 aus Boston die erste E-Mail in Deutschland.

Ab Anfang 1984 wurde das „European Academic and Research Network“ (EARN) aufgebaut. Ende 1987 waren in Deutschland 94 Institutionen mit 192 Rechnern an das EARN angeschlossen. Der monatliche Datenverkehr, der über den deutschen Zentralrechner des Netzwerks lief, lag damals bei 4,6 Gigabyte, rund ein Milliardstel des Datenvolumens, das 2018 in den deutschen Breitband-Festnetzen übertragen wurde.

Im Oktober 1969 war noch nicht abzusehen, was aus der Idee eines Computernetzwerk einmal werden würde. Dabei spielte natürlich die Entwicklung des World Wide Webs durch Tim Berners-Lee eine wichtige Rolle. Aus der Gruppe von wenigen Spezialisten, die Zugriff auf die damaligen Großrechner hatten, ist so ein weltumspannendes Netzwerk mit rund vier Milliarden Usern geworden.

Alexander Pawlak

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