22.05.2014

Stapellauf für Wendelstein 7-X

Die Montage des Fusionsexperiments Wendelstein 7-X am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald ist abgeschlossen.

Fast zwanzig Jahre nach dem offiziellen Projektbeginn und zehn Jahre nach der Anlieferung der ersten Komponenten beginnen nun am Fusionsexperiment Wendelstein 7-X in Greifswald die Vorbereitungen für den Betrieb. Hat das Konzept des Stellarators das Potenzial für ein Fusionskraftwerk? Lässt sich damit ein dauerhafter Betrieb erreichen? Welche Vor- und Nachteile hat dieses Konzept gegenüber einem Tokamak wie ITER, der derzeit im französischen Cadarache entsteht? Diese zentralen Fragen soll Wendelstein 7-X ab Mitte 2015 beantworten.

Zum Abschluss der Montagearbeiten hat das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) am 20. Mai zu einem Festakt eingeladen. „Wie bei einem Stapellauf lassen wir heute das Schiff zu Wasser“, sagte der Projektverantwortliche Thomas Klinger vor einigen hundert Gästen, darunter Bundesforschungsministerin Johanna Wanka und EU-Energiekommissar Günter Oettinger, „aber bis das Schiff wirklich fährt, ist noch viel zu tun.“

Die Montagearbeiten am Fusionsexperiment Wendelstein 7-X sind nun weitgehend abgeschlossen (Quelle: IPP, Beate Kemnitz)

Die Crux bei allen Fusionsexperimenten besteht darin, das 100 Millionen Grad heiße Plasma, in dem die Fusionsreaktionen stattfinden, mit Magnetfeldern so einzuschließen, dass es mit dem ringförmigen Plasmagefäß nicht in Berührung kommt. Wie diese Felder erzeugt werden, darin unterscheiden sich die beiden grundsätzlich unterschiedlichen Konzepte für Fusionsexperimente: Beim Stellarator legen äußere Spulen das komplette Feld fest, während beim Tokamak das Feld sowohl durch äußere Spulen als auch durch einen Strom im Plasma selbst entsteht.

Der Tokamak hat daher zwar die einfache Form eines Donuts, eignet sich jedoch nicht für den Dauerbetrieb. Im Gegensatz dazu sind beim Stellarator sowohl Plasmagefäß als auch die Magnetspulen sehr kompliziert geformt. Überhaupt waren die Anforderungen beim Bau des über 700 Tonnen schweren Wendelstein 7-X enorm: Auf engstem Raum ballen sich Hochvakuum-, Hochspannungs- und Tieftemperaturtechnik. „Wir haben uns immer an der Grenze des technologisch Machbaren bewegt“, sagte IPP-Direktorin Sibylle Günter.

In den kommenden Wochen wird zunächst das äußere Stahlgefäß evakuiert, zur thermischen Isolierung der darin befindlichen 70 supraleitenden Spulen, die anschließend mit flüssigem Helium gekühlt werden. Wenn Anfang 2015 auch das Plasmagefäß evakuiert ist, folgt das Hochfahren der Magnete auf ein Feld von 2,5 Tesla. Erst dann kann sich zeigen, ob die am Computer entworfenen Spulen exakt das berechnete Feld mit den gewünschten Eigenschaften erzeugen. Mitte 2015 sollen die ersten Experimente mit einem Wasserstoffplasma bei geringer Heizleistung beginnen. Experimente mit Deuterium und höherer Heizleistung sind erst einige Jahre später vorgesehen. Im Gegensatz zu ITER ist Wendelstein 7-X aber nicht dafür ausgelegt, ein energieverstärkendes Plasma zu erzeugen – dafür ist das Plasmavolumen von 30 Kubikmetern zu klein.

Das IPP ist nun das einzige Institut weltweit, das beide Fusionskonzepte mit eigenen Experimenten untersucht. Angesichts der langen Zeitskalen in der Fusionsforschung und der Tatsache, dass „manche die Geduld verlieren“, betonte Günter die bislang erreichten Erfolge: „Wenn man alle notwendigen Bedingungen in einem Erfolgsparameter zusammenfasst, dann haben wir seit dem Beginn der Fusionsforschung einen Faktor 100.000 erreicht und ein Faktor 10 fehlt uns noch“.

Stefan Jorda

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