12.12.2019

Simulierte Photosynthese

Ein 136 Millionen Atome umfassendes Modell offenbart natürliche Photosynthese-Prozesse im Detail.

Die Umwandlung von Sonnenlicht in chemische Energie ist für das Leben uner­lässlich. In einer der größten Simulationen eines Biosystems weltweit haben Wissen­schaftler diesen komplexen Prozess an einem Bestandteil eines Bakteriums nachgeahmt – am Computer, Atom um Atom. Die Arbeit ist ein wichtiger Schritt zum besseren Verständnis der Photo­synthese in einigen biologischen Strukturen. An der inter­nationalen Forschungs­kooperation unter Leitung der University of Illinois war auch ein Team der Jacobs University Bremen beteiligt.

Abb.: Dieses Modell eines Chroma­tophors ist das Ergebnis einer aufwendigen...
Abb.: Dieses Modell eines Chroma­tophors ist das Ergebnis einer aufwendigen Computer­simulation. Sie verhält sich genauso wie ihr Gegen­stück in der Natur. (Bild: C. Maffeo, U. Illinois)

Das Projekt geht zurück auf eine Initiative des inzwischen verstorbenen, deutsch-US-amerikanischen Physik­professors Klaus Schulten von der University of Illinois, der daran forschte, atomare Wechselwirkungen lebender Systeme zu verstehen und darzustellen. Seine Arbeitsgruppe modellierte das Chromatophor, so heißt ein Licht absor­bierender Teil einer Zelle, das chemische Energie in Form von Adenosin­triphosphat (ATP) ausschüttet. Diese Chromatophoren findet sich in pflanzlichen Zellen aber auch in manchen Bakterien. „Sie wirken wie eine Solarzelle der Zelle. Mit ihren Antennen­komplexen nehmen sie das Licht auf und schütten Energie in Form von ATP für alle anderen Aktivitäten der Zelle wieder aus“, sagt Ulrich Kleine­kathöfer. Der Professor für theoretische Physik an der Jacobs University hat gemeinsam mit seiner Doktorandin Ilaria Mallus an dem Projekt mitgewirkt. Auf Basis der Daten der amerikanischen Kollegen führten sie quanten­mechanische Berechnungen für das Modell durch.

Um herauszufinden, wie dieses System funktioniert, sezierte die Forscher­gruppe das Chromatophor mit großem Aufwand, von Laborexperimenten über Rasterkraft­mikroskopie bis hin zu Computer­simulationen. Alle Teile wurden in dem 136 Millionen Atome umfassenden Modell, das sich wie sein Gegenstück in der Natur verhält, wieder zusammengesetzt. Möglich war das nur mithilfe von enorm leistungs­fähigen Supercomputern. „Standard­simulationen arbeiten mit etwa 100.000 Atomen, dieses Modell ist um einen Faktor 1.000 größer, es ist ein Vorstoß in neue Dimensionen“ sagt Kleine­kathöfer.

Bislang konnten Forscher normaler­weise nur einzelne Proteine simulieren. Das Modell zeigt das Wechselspiel sehr vieler Proteine über die gesamte Prozesskette, von der Licht­absorption bis zur Herstellung von ATP. „Irgendwann werden wir es schaffen ein ganzes Bakterium oder eine ganze Zelle zu simulieren“, glaubt Kleine­kathöfer. „Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung auf dieses Ziel.“

Jacobs U. Bremen / JOL

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