02.02.2023

Schwarzes Loch im frühen Universum zufällig entdeckt

Heller Quasar sammelt nur etwa 800 Millionen Jahre nach dem Urknall Materie mit einer extrem hohen Geschwindigkeit an.

Bei der Analyse von Daten aus dem eROSITA „Final Equatorial-Depth Survey“ haben Forschende am Max-Planck-Institut für extra­terrestrische Physik (MPE) eine schwache Röntgenquelle gefunden, die sie als sehr weit entfernten Quasar identifizieren konnten. Dies ist die bisher am weitesten entfernte zufällige Röntgen­detektion. Das supermasse­reiche schwarze Loch akkretiert mit einer extrem hohen Rate Materie; damit ist der Quasar für seine enorme Entfernung sehr viel heller als erwartet. Sein vor fast dreizehn Milliarden Jahren abgestrahltes Licht ermöglicht es den Astro­nominnen und Astronomen, das Wachstum von schwarzen Löchern im frühen Universum zu untersuchen.

Abb.: Ausschnitt aus der ersten vollständigen Röntgenkarte des Himmels im...
Abb.: Ausschnitt aus der ersten vollständigen Röntgenkarte des Himmels im Bereich 0.2-2.3 Kilo­elektronenvolt. (Bild: MPE / IKI)

Supermasse­reiche schwarze Löcher in Zentren von Galaxien lassen sich auch auf große Entfernungen nachweisen – aber nur, wenn sie Materie ansammeln, die sich erhitzt und hell leuchtet. Dadurch bekommt das Galaxien­zentrum einen aktiven galaktischen Kern (AGN). Diese Quasare überstrahlen dann den Rest ihrer Galaxie. Sie leuchten im Röntgenbereich heller als alle anderen Objekte im Universum, sind aber bei großen Entfernungen dennoch schwer zu entdecken und extrem selten. Bisher wurden bei Rot­verschiebungen von z > 5,7 – als das Universum weniger als eine Milliarde Jahre alt war – erst etwa fünfzig Quasare mit Röntgen­teleskopen entdeckt.

Bei der Analyse von Röntgendaten des eROSITA „Final Equatorial-Depth Survey“ (eFEDS), die während der Leistungs­überprüfungsphase des eROSITA-Teleskops im Jahr 2019 aufgenommen wurden, fand das Team eine neue Punktquelle. In einer Zusammenarbeit mit Kollegen vom Subaru-Teleskop identi­fizierten sie das Röntgenlicht als den bereits bekannten Quasar J0921+0007. Dieser war ursprünglich mit einer Rotverschiebung von 6,56 von einer Forschungsgruppe entdeckt worden, die mit Subaru nach entfernten Quellen suchte. Gezielte Folge­beobachtungen bei Infrarotwellenlängen zeigten nun, dass das schwarze Loch eine Masse von 250 Millionen Sonnen hat – relativ wenig für ein supermasse­reiches Schwarzes Loch in dieser Entfernung. Weitere Folge­beobachtungen mit dem Röntgen­satelliten Chandra bestätigten die gemessene hohe Leuchtkraft, die auf eine sehr hohe Akkretions­rate hinweist.

„Wir haben nicht erwartet, einen aktiven Galaxienkern mit so geringer Masse bereits in unserer ersten Mini-Durchmusterung mit eROSITA zu finden“, sagt Julien Wolf vom MPE. „Es ist der bisher am weitesten entfernte zufällige Fund im Röntgen­bereich. Zudem sind seine Eigenschaften eher untypisch für Quasare bei so hohen Rot­verschiebungen: Er ist im sichtbaren Licht sehr schwach, gleichzeitig aber sehr leuchtstark im Röntgenlicht.“ Der von eROSITA aufgespürte Quasar weist Eigenschaften auf, die einer besonderen Klasse von Seyfert-1-Galaxien im lokalen Universum ähneln. Diese besitzen supermasse­reiche Schwarze Löcher von unter einhundert Millionen Sonnenmassen in ihren Zentren und akkretieren Materie mit hoher Geschwin­digkeit. Diese Seyfert-1-Galaxien könnten daher jünger als ihre masse­reicheren Geschwister sein.

„Die Suche nach seltenen Objekten wie diesem erfordert Astronomie bei vielen unterschiedlichen Wellenlängen, die eROSITAs großes Blickfeld im Röntgenbereich ergänzen“, betont Mara Salvato, Sprecherin von eROSITA. „Glücklicher­weise ist der größte Teil des Himmels bei optischen und infraroten Wellen­längen bereits kartiert, und gerade die Daten des Subaru-Teleskopes reichen für das eFEDS-Feld besonders tief und damit in die jüngsten Zeiten des Universums zurück.“ Die meisten aktiven Galaxien mit hohen Rotver­schiebungen, das heißt in großen Entfernungen, beherbergen schwarze Löcher von einer bis zehn Milliarden Sonnenmassen. Es sollte jedoch auch viele entfernte AGNs mit weniger massereichen schwarzen Löchern geben. Damit Teleskope und Satelliten sie überhaupt beobachten können, müssen diese dann allerdings sehr schnell Materie ansammeln, um hell genug zu leuchten.  

Zusätzlich zu ihrem Zufallsfund entdeckte das Team noch einen weiteren hellen und ähnlich weit entfernten Quasar im selben Beobachtungs­feld. „eROSITA eignet sich besonders gut dafür, seltene Röntgen­objekte wie diesen leistungsstarken Quasar mit hoher Rotverschiebung, zu finden und zu kartieren“, sagt Kirpal Nandra, Direktor für Hochenergie­physik am MPE. „Dies ist nun das zweite derartige Objekt, das wir in eFEDS gefunden haben, obwohl wir sie in diesem Feld gar nicht erwartet hatten.“

Die ersten eROSITA-Daten sind nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird. Basierend auf diesen ersten Entdeckungen erwarten die Wissenschaftler, dass sie mit der eROSITA Himmels­durchmusterung Hunderte von Quasaren finden könnten. Um diese schwer fassbare Population noch unbekannter entfernter Quasare zu finden, hat das Team ein umfangreiches Programm zur Analyse der eROSITA-Himmels­durchmusterung entwickelt. Diese führte bereits zur Entdeckung von fünf neuen, im Röntgenlicht leuchtenden Quasaren bei z>5,6, die bald in einer weiteren Veröffent­lichung vorgestellt werden. Gleichzeitig meldete ein russisches Forscherteam die ersten eROSITA-Entdeckungen bei hoher Rot­verschiebung in der nördlichen Hemisphäre.

MPE / JOL

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