09.01.2023 • Umweltphysik

Schmieröle von Flugzeugen erzeugen Ultrafeinstaub

Chemische Zusammensetzung zeigt: Ultrafeinstaubpartikel am Frankfurter Flughafen stammen von Turbinen-Schmierölen.

Ultrafeinstaub entsteht bei Verbrennungsprozessen, zum Beispiel bei der Verfeuerung von Holz oder Biomasse, durch Kraftwerke und durch Industrieanlagen. Neben dem Straßenverkehr sind große Flughäfen eine bedeutende Quelle für die ultrafeinen Partikel mit einer Größe von weniger als hundert Nanometern. Weil sie so klein sind, können sie tief in die unteren Atemwege eindringen, die Blut-Luft-Schranke überwinden und, je nach ihrer Zusammensetzung, im Gewebe beispielsweise Entzündungen hervorrufen. Ferner steht Ultrafeinstaub im Verdacht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen zu können.

Abb.: Schmieröl in den heißen Abgasen von Flugzeugturbinen kann...
Abb.: Schmieröl in den heißen Abgasen von Flugzeugturbinen kann Ultrafeinstaubpartikel bilden, sobald sich die Abgase abkühlen. Dies zeigte eine neue Studie. (Bild: A. Vogel, U. Frankfurt)

Seit mehreren Jahren misst das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie die Anzahl und Größe ultrafeiner Partikel an verschiedenen Luftmessstationen im Umfeld des Frankfurter Flughafens, beispielsweise im Frankfurter Stadtteil Schwanheim und in Raunheim. Im vergangenen Jahr analysierten Wissenschaftler um Alexander Vogel von der Uni Frankfurt die chemische Zusammensetzung der Ultrafeinstaubpartikel und stießen auf eine Gruppe organischer Verbindungen, die ihren chemischen Fingerabdrücken zufolge aus Turbinen-Schmierölen stammen.

Jetzt hat das Team diesen Befund durch weitere chemische Messungen der Ultrafeinstaubpartikel bestätigt. Die Partikel stammen zu einem bedeutenden Teil aus synthetischen Turbinenschmierölen und waren besonders stark in den kleinsten Partikelklassen vertreten, die 10 bis 18 Nanometer große Partikel umfassen. Solche Schmieröle können zum Beispiel über Entlüftungsöffnungen, in denen nanometergroße Schmieröltröpfchen und Öldämpfe nicht vollständig abgeschieden werden, in den Abgasstrom der Turbine gelangen.

In Laborexperimenten gelang es zudem, die Bildung ultrafeiner Partikel aus Schmierölen nachzustellen. Dazu wurde ein gängiges Turbinenschmieröl in einem heißen Gasstrom, der die Turbinenabgase simulierte, zunächst bei etwa dreihundert Grad Celsius verdampft, dann abgekühlt und anschließend die Anzahl-Größenverteilung der gebildeten Partikel gemessen.

der Goethe-Universität erklärt:

„Wenn das verdampfte Schmieröl abkühlt, sind die gasförmigen synthetischen Ester übersättigt und bilden die Kerne für neue Partikel, die rasch zu Partikeln von etwa zehn Nanometern Größe anwachsen können“, erklärt  Alexander Vogel vom Institut für Atmosphäre und Umwelt. „Diese Partikel, so legen es unsere Untersuchungen nahe, machen einen großen Teil des Ultrafeinstaubs aus, der an Flugzeugturbinen entsteht. Die bisherige Annahme, Ultrafeinstaub entstehe vorwiegend aus Schwefel- und aromatischen Verbindungen aus dem Kerosin, trifft offenbar nicht zu. Eine Reduzierung der Schmierölemissionen birgt nach unserer Erkenntnis ein wichtiges Potenzial zur Minderung der ultrafeinen Partikel.“

Die Untersuchungen zeigen, dass die Bildung ultrafeiner Partikel an Turbinen nicht auf die Verbrennung von Kerosin allein beschränkt ist. Dies sollte bei möglichen Minderungsmaßnahmen berücksichtigt werden. Die Verwendung schwefelarmer Kerosine oder die Umstellung auf nachhaltig hergestellte Kraftstoffe können somit nur einen Teil der Ultrafeinstaubbelastung reduzieren.

U. Frankfurt / RK

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