03.04.2020 • Plasma

Plasmen treiben die Biokatalyse an

Erfolge im interdisziplinären Sonderforschungsbereich „Transiente Atmosphärendruck-Plasmen“.

Die Ka­talyse durch Enzyme hat ge­genüber traditio­nellen chemi­schen Verfah­ren viele Vorteile. Sie hat aber auch Schwachstellen. So sind manche Enzyme nicht sehr stabil. Enzyme, die Wasser­stoffper­oxid umset­zen, werden sogar durch hohe Kon­zentrati­onen des Substra­tes inak­tiviert. Ein For­schungsteam der Ruhr-Univer­sität Bo­chum (RUB) hat ge­mein­sam mit interna­tionalen Partnern ein Ver­fahren entwi­ckelt, bei dem der Aus­gangs­stoff Wasser­stoffper­oxid den Biokata­lysato­ren mit­hilfe von Plasma kontrol­liert zu­geführt wird. Die En­zyme selbst sind durch eine Puffer­schicht vor schädli­chen Be­standtei­len des Plasmas ge­schützt. Anhand zweier Modell­enzyme konnte das Team zeigen, dass das Verfah­ren funktio­niert.

Abb.: Marco Krewing, Abdulkadir Yayci und Julia Bandow er­for­schen mit­tels...
Abb.: Marco Krewing, Abdulkadir Yayci und Julia Bandow er­for­schen mit­tels physi­kalischer Atmo­sphä­ren­druck­plas­men die Mög­lich­keiten einer um­welt­freund­lichen Ka­ta­lyse mit Bio­enzy­men. (Bild: RUB, Marquard)

Bei der Biokata­lyse werden Chemi­kalien durch Zellen oder de­ren Be­stand­teile herge­stellt, insbe­sondere durch Enzyme. Gegen­über tra­ditionel­len che­mischen Verfah­ren hat die Bi­okata­lyse viele Vor­teile: Die Re­aktions­bedin­gungen sind meist deutlich milder, der Energie­ver­brauch niedri­ger und es ent­steht weniger toxi­scher Abfall. Durch die hohe Spezifi­tät von Enzy­men er­geben sich au­ßerdem weniger Neben­reaktio­nen. Manche Feinche­mikalien können sogar nur durch Biokata­lyse syntheti­siert werden.

Die Schat­tenseite der Bi­okata­lyse mit­hilfe von En­zymen ist die geringe Stabili­tät man­cher En­zyme. „Da das Enzym in die­sen Fäl­len oft ersetzt werden muss, was teuer ist, ist es enorm wichtig, die Sta­bilität unter Produk­tionsbe­dingun­gen zu erhö­hen“, er­klärt Erstau­tor Ab­dulkadir Yayci vom Lehr­stuhl für Ange­wandte Mikro­biologie von Prof. Dr. Julia Bandow.

Das For­schungsteam hat sich mit zwei ähnli­chen Enzym­klassen beschäf­tigt: Per­oxi­dasen und Per­oxygenasen. Beide verwen­den Wasser­stoffper­oxid als Aus­gangs­stoff für Oxidati­onen. Das ent­schei­dende Problem ist, dass Wasser­stoffper­oxid zwar für die Ak­tivität absolut notwen­dig ist, aber in höheren Kon­zentrati­onen zum Ak­tivitäts­verlust der En­zyme führt. Speziell für diese Enzym­klassen ist es daher sehr wichtig, Wasser­stoffper­oxid do­siert zu­zufüh­ren.

Um das zu be­werk­stelli­gen, un­tersuch­ten die Forsche­rinnen und For­scher Plasmen als Quelle für Was­serstoff­peroxid. Werden Flüssig­keiten mit Plasmen behan­delt, entsteht eine Vielzahl von re­aktiven Sauer­stoff- und Stick­stoff-Spezies, die dann teils zu langle­bigem Wasser­stoffper­oxid ab­reagie­ren, welches für die Biokata­lyse ge­nutzt werden kann.

In der Arbeit, in der die Meerret­tichper­oxidase als eines der Mo­dellen­zyme diente, konnte das Team zeigen, dass die­ses Sys­tem prinzipi­ell funk­tioniert. Gleich­zeitig gelang es, die Schwachstellen der Plas­mabe­hand­lung zu identifi­zieren: „Die Plas­mabe­hand­lung greift auch di­rekt die Enzyme an und inakti­viert sie, höchst­wahr­schein­lich durch die hochre­aktiven, kurzle­bigen Spezies in der plasma-behan­delten Flüssig­keit“, be­schreibt Abdul­kadir Yayci. Die Ar­beits­gruppe konnte die Re­aktions­bedin­gungen verbes­sern, in­dem sie das En­zym an ein iner­tes Trä­germa­terial band. Dadurch entsteht über dem En­zym eine Puffer­zone, in der die hochre­aktiven Plasma-Spezies abrea­gieren können, ohne dem En­zym zu schaden.

An ei­nem zweiten Enzym, der un­spezifi­schen Per­oxygenase aus dem Pilz Ag­rocybe aegerita, prüften die For­scher dann ih­ren An­satz. Diese Per­oxygenase kann hochse­lektiv eine Vielzahl von Substra­ten oxi­dieren. „Wir konnten zeigen, dass diese Spezifi­tät auch unter Plas­mabe­hand­lung er­halten bleibt und hochse­lektive biokata­lytische Reaktio­nen mit­hilfe von Plasma möglich sind“, fasst Ju­lia Bandow zusam­men.

Die Ar­beiten wurden von der Deut­schen For­schungsgemein­schaft (DFG) im Rah­men des Sonder­for­schungsbereichs „Tran­siente Atmo­sphären­druck-Plas­men: von Plasmen zur Flüssig­keit zum Festkör­per (SFB 1316)“ geför­dert und profi­tierten unmit­telbar von Ar­beiten zu bak­teriellen Schutz­mecha­nismen im Kon­text ei­ner DFG-Sachbei­hilfe (BA 4193/7-1).

RUB / LK

 

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