24.05.2022

Photonen-Sechserpack auf eine Bestellung

Quantengenerator erzeugt mit einem einzigen Ladungstransfer gleich sechs Mikrowellen-Photonen.

Wissenschaftler aus Ulm und Paris haben einen Generator entwickelt, mit dem sich bis zu sechs Photonen gleichzeitig erzeugen lassen. Die relativ einfach aufgebaute Apparatur könnte zukunfts­trächtige Quanten­technologien auf die nächste Ebene heben – vom hochleistungs­fähigen Quanten­computer bis zur abhörsicheren Informations­übertragung via Quanten­kryptographie. Die Forscher um den Experimental­physiker Gerbold Ménard und den Theoretiker Joachim Ankerhold stellten nun den neuartigen „Multiphotonen-Generator“ vor.

 

Abb.: Joachim Ankerhold leitet das Institut für komplexe Quanten­systeme und...
Abb.: Joachim Ankerhold leitet das Institut für komplexe Quanten­systeme und ist Vize­präsident für Forschung an der Uni Ulm (Bild: E. Eberhardt / U. Ulm)

Miteinander verschränkte Lichtquanten sind grundlegend für viele Quanten­technologien. Doch bislang konnten im Mikrowellen-Bereich maximal zwei Photonen gleichzeitig produziert werden. Nun ist es Forschern der Universitäten Paris-Saclay und Ulm gelungen, mit einer recht simplen Apparatur Quanten-Mikrowellen zu erzeugen, bei denen die Photonen-Freisetzung in Paketen erfolgt. Erstmals wurden sechs Lichtquanten gleichzeitig emittiert.

Bei dem deutsch-französischen Forschungsprojekt gehen Theorie und Experiment Hand in Hand. „In vorherigen Studien hatten wir bereits in supraleitenden Schalt­kreisen gezeigt, dass eine extrem starke Wechselwirkung zwischen elektrischen Ladungen und Photonen realisiert werden kann. Gemäß der zugrunde­liegenden Theorie, der Quantenelektrodynamik, sollte die Erzeugung multipler Photonen also möglich sein“, beschreibt Professor Joachim Ankerhold, Leiter des Ulmer Instituts für komplexe Quanten­systeme, die Ausgangslage.

Um diese theoretische Annahme im Experiment zu bestätigen, haben die Forscher supraleitende Schaltkreise verwendet, wie sie im Quanten­computing eingesetzt werden. Herzstück des Versuchsaufbaus sind Josephson-Kontakte, die in Verbindung zu Resonatoren für Mikrowellen stehen. Durch diese, 1973 mit dem Nobelpreis geadelten supraleitenden Kontakte, können Ladungsträger aufgrund des quantenmechanischen Tunneleffekts transportiert werden. „Das Anlegen einer Spannung am Josephson-Kontakt führt zum Transfer von Paketen elektrischer Ladungen. Die dabei freigesetzte und auf die Pakete übertragene Energie wird vollständig in Lichtquanten transformiert. Diese Teilchen werden letztlich aus dem Resonator emittiert, wodurch detektierbare Mikrowellen-Photonen entstehen“, erläutern der Ménard und Ankerhold. Der beschriebene Vorgang funktioniert allerdings nur, wenn die gewonnene Energie der Ladungs­träger mit der Energie von Lichtquanten im Resonator übereinstimmt.

Im Experiment gelang es den Physikern nun erstmals, mit einem einzigen Ladungs­transfer sechs Photonen gleichzeitig zu erzeugen, die simultan freigesetzt wurden. Auf theoretischer Ebene konnten die erstaunlichen Ergebnisse im Detail quantitativ beschrieben werden. Der neuartige Multiphotonen-Generator in „Chip-Größe“ wirkt relativ einfach konstruiert: Sein Durchmesser beträgt nur etwa 500 Mikrometer. Quantentechnologien werden womöglich stark von der Apparatur profitieren, die eine kontrollierte Erzeugung gleich mehrerer Photonen-Paare ermöglicht. Neben der Forschung reichen potenzielle Anwendungen von der Quanten­sensorik über die Quanten­kommunikation bis zum Quanten­computing. Die neuartige Multi-Photonen-Quelle kann beispielsweise dazu beitragen, zukünftige hochintegrierte Schaltkreise, wie sie im IBM-Quantencomputer in Ehningen verbaut sind, skalierbar zu gestalten und höhere Leistungsdichten zu erzielen.

Im nächsten Schritt soll die Apparatur – theoretisch fundiert – so ausgebaut werden, dass Photonen­pakete den Resonator in kontrollierter zeitlicher Abfolge verlassen. Solche Fragestellungen stehen auch im Mittelpunkt des neu eingerichteten Carl-Zeiss-Stiftung Centers „QPhoton“. An den Standorten Ulm und Stuttgart wirken Theorie, Experiment und Technologie­entwicklung zusammen.

U. Ulm / DE

 

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