19.05.2022

Nova-Ausbruch direkt nachgewiesen

Röntgenstrahlung verrät das explosive Temperament eines weißen Zwergsterns.

Wenn Sterne wie unsere Sonne ihren Brennstoff verbraucht haben, schrumpfen sie zu weißen Zwergen. Manchmal zucken solche Objekte in einer super­heißen Explosion noch einmal auf und produzieren einen Feuerball aus Röntgen­strahlung. Einen solchen Ausbruch im Röntgen­licht konnte ein Forschungs­team unter Führung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) jetzt zum ersten Mal direkt beobachten.

 

Abb.: Illustration eines Feuer­balls aus Röntgen­strahlung, auf einem...
Abb.: Illustration eines Feuer­balls aus Röntgen­strahlung, auf einem weißen Zwerg (Bild: A. Kreikenbohm)

„Dabei kam uns auch der Zufall zu Hilfe“, erklärt Ole König vom Astronomischen Institut der FAU in der Dr.-Karl-Remeis-Sternwarte Bamberg, der gemeinsam mit dem FAU-Astrophysiker Jörn Wilms und dem Forschungs­team bestehend aus dem Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching, der Eberhard Karls Universität Tübingen, der Universitat Politécnica de Catalunya in Barcelona und dem Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam über die Beobachtung berichtet. „Solche Röntgenblitze lassen sich kaum vorhersagen, dauern nur wenige Stunden und das Beobachtungsinstrument muss in dieser Zeit auf den Ausbruch zielen“, schildert der Astrophysiker die Zusammenhänge.

Bei diesem Instrument handelt es sich um das eRosita-Röntgenteleskop, das eineinhalb Millionen Kilometer von der Erde entfernt seit 2019 den Himmel nach weichen Röntgenstrahlen durchmustert. Dabei wurde am 7. Juli 2020 starke Röntgenstrahlung in einem Bereich des Himmels gemessen, der vier Stunden vorher noch völlig unauffällig gewesen war. Als das Röntgen-Teleskop vier Stunden später die gleiche Stelle am Himmel erneut musterte, war diese Strahlung wieder verschwunden. Weniger als acht Stunden hatte der Röntgenblitz also gedauert, der vorher das Zentrum des Detektors völlig überbelichtet hatte.

Solche Röntgenausbrüche hatten theoretische Überlegungen bereits vor mehr als dreißig Jahren vorgesagt. Sie waren bisher aber noch nie direkt beobachtet worden. Diese Feuerbälle aus Röntgenstrahlen entstehen auf der Oberfläche von Sternen, die eine ähnliche Größe wie unsere Sonne hatten, bevor sie ihre Brennstoff­vorräte aus Wasserstoff und später aus Helium tief in ihrem Inneren weitgehend verbraucht hatten. Diese alten Sterne schrumpfen sehr stark zusammen, bis ein weißer Zwerg übrigbleibt, der ähnlich groß wie die Erde ist, aber eine Masse enthält, die ähnlich groß wie unsere Sonne sein kann. „Diese Verhältnisse kann man sich an einem Beispiel gut vorstellen“, erklärt Jörn Wilms: „Stellt man sich die Sonne in der Größe eines Apfels vor, hätte die Erde die Dimension eines Stecknadel­kopfes, der in zehn Metern Entfernung um den Apfel kreist.“

Verkleinert man wiederum einen Apfel auf die Größe eines Stecknadelkopfes, behält dieses winzige Teilchen das vergleichsweise riesige Gewicht des Apfels. „Ein Teelöffel Materie aus dem Inneren eines weißen Zwergs hat daher leicht die Masse eines Last­kraftwagens“, erklärt Jörn Wilms weiter. Weil diese ausgebrannten Sterne hauptsächlich aus Sauerstoff und Kohlenstoff bestehen, ähneln sie einem ebenfalls aus Kohlenstoff bestehenden riesigen Diamanten, der die Größe der Erde hat und im Weltraum schwebt. Diese Objekte in Form eines Edelsteins sind zwar immer noch heiß und leuchten daher weiß. Nur ist diese Strahlung schwach und lässt sich daher von der Erde aus gesehen kaum entdecken.

Es sei denn, der alte Stern wird von einem Stern begleitet, in dem das Sonnenfeuer noch brennt und von dem dann Material auf ihn übergehen kann. „Dieser Wasserstoff kann sich mit der Zeit zu einer nur wenige Meter dicken Schicht auf der Oberfläche der Sternenleiche sammeln“, erklärt FAU-Astro­physiker Jörn Wilms. In dieser Schicht aber erzeugt die riesige Schwerkraft einen gigantischen Druck, der so groß werden kann, dass dort das Sternen­feuer wieder zündet. In einer Ketten­reaktion entsteht rasch eine riesige Explosion, in der die Wasserstoff­schicht wieder abgesprengt wird. Die Röntgen­strahlung einer solchen Explosion hat dann am 7. Juli 2020 die Detektoren von eRosita getroffen und überbelichtet.

„Mit Modellrechnungen, mit denen wir ursprünglich die Entwicklung des Röntgeninstruments begleitet hatten, konnten wir dann in einer aufwändigen Arbeit das eigentlich überbelichtete Bild genauer analysieren und so erstmals einen Blick hinter die Kulissen einer solchen Nova genannten Explosion eines weißen Zwergs werfen“, schildert Jörn Wilms die weitere Forschung. Nach diesen Ergebnissen sollte der weiße Zwerg ungefähr die Masse unserer Sonne haben und damit relativ groß sein. Bei der Explosion entstand ein 327.000 Grad heißer Feuerball, der damit rund sechzigmal wärmer als unsere Sonne war.

Weil bei solchen Novae der Energie-Nachschub fehlt, kühlen sie rasch aus, und die Röntgenstrahlung wird weicher, bis sie schließlich zu sichtbarem Licht wird, das einen halben Tag nach der eRosita-Entdeckung auch die Erde erreichte und mit optischen Teleskopen beobachtet wurde. „Es tauchte dann ein scheinbar heller Stern auf, der sogar mit dem Auge sichtbar war“, erklärt Ole König. Solche scheinbaren „neuen Sterne“ wurden auch früher schon beobachtet und wegen ihres unverhofften Auftauchens „Nova Stella“ genannt, was „neuer Stern“ bedeutet. Weil diese Nova aber erst nach dem Röntgen­blitz sichtbar wird, ist eine Vorhersage für solche Ausbrüche sehr schwierig, die daher eher zufällig die Röntgen­detektoren treffen. „Da hatten wir wirklich Glück“, freut sich Ole König.

FAU / DE

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